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Bauwerkstypologie: Kasematten
Kasematten
Kasematten sind Teil von Festungsanlagen.
Es sind kilometerlange Gänge, die meistens als Teil der Befestigungsanlage umlaufen, aber auch als eigenständige Bauwerk unterirdisch konstruieret werden.1 Das Wort Kasematte hat seine Ableitung vom Französischen “casemate“ und vom Italienischen “casamatta“, was übersetzt Wallgewölbe bedeutet. Ursprünglich kommt das Wort Kasematte aus dem Griechischen “chásma“ (Plural chásmata) was für Spalte oder Erdkluft steht.2 Die Ersten Kasematten entstanden schon im 15 Jh. (z.B. Die Reeser Kasematten).3
Die Kasematten sind immer aus starkem Mauerwerk gebaut, um die Kanonen- sowie Gewehrschüsse abzuwehren. Sie befinden sich im untern oder mittleren Teil der Mauerwand, und bestehen hauptsächlich aus regelmäßigen glatten Quadermauerwerk oder homogenen Backsteinmauerwerk. Bei manchen Festungen wurden die Kasematten zweigeschossig aufgebaut, wobei man das Obergeschoss durch Deckenöffnungen erschließt. (Abb.1) Die Kasematten sind gewölbt und meist mit Erde überdeckt, dies bietet den Kasematten noch mehr Sicherheit und Stabilität bei Bombardierungen. Deswegen bezeichnet man sie oftmals als Defensiv-Kasematten.4 (Abb .2)
Bild [1]: Längs- und Querschnitt: Kasematten in Königstein |
In den Kasemattenwänden befinden sich Schießscharten, die nicht nur als Lücke zum Positionieren und Abschießen des Gewehrs dienten sondern auch noch als Öffnung zur Frischluftzufuhr. Die Öffnung in Form eines Schlüssels (Schlüsselscharten) nutzte man als Rauchabzüge, da die Gewehre mit Schießpulver arbeiteten und beim Auslösen immer wieder Rauch entstand, der bei einem gewissen Maß zu Erstickung führte. Die rechteckige Öffnung (Maulscharten) brauchte man zur Verbesserung der Licht- und Luftverhältnisse.5 (Abb. 3) Zusätzlich wurden Teile der Kasematten wurden auch als Lagerungsräume für Waffen benutzt. Dieser Teil des Tunnelsystems bezeichnete man als Aufbewahrungskasematten.6
Von 15.Jh. bis zum 19.Jh. galt, dass die Festungen mit Kasematten als am Schwierigsten einzunehmen waren. Sie hielten bis zu Monaten Belagerung und Angriff aus.7 Im Gegensatz zu anderen Festungen wo nur die Festungsmauern als Schutz dienten, war es den Verteidigern in Burgen mit Kasematten möglich ihre Feinde effektiver nach außen zu bekämpfen.8 Wenn der Feind die Kasematten zerstörte, waren die Festungsanlagen in kurzer Zeit eingenommen.9
Bild [2]: Äußere der Kasematten mit Schießscharten und Maulscharten in Königstein [+] | Bild [3]: Innere der Kasematten mit Schießscharte in Königstein
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Eine exemplarische Beobachtung besonders zum Aufbau, der Schießscharten und Gängen kann man an der Königsteiner Kasematten gemacht werden. (Abb.1/2/3) Die Kasematten in Festungsanlagen sind in Europa weit verbreitet, insbesondere in der Dillenburger Festung mit seinen Unterirdischen Verteidigungsanlagen.10 Sie ist in der Region Hessen wegen ihrer großen Anzahl an Kasemattengänge sehr bekannt und die zweitgrößte Verteidigungsanlage in West-Europa nach der luxemburgischen Festungsanlage.11
Die Dillenburger Festung
Die Dillenburger Festung hat an den Flanken mehrstöckige Kasematten wo in Kriegszeiten mehr als 2000 Soldaten untergebracht wurden. Sie sind überwölbt und haben im Innenbereich Querschotten zur Stabilität. In den Wänden der Kasematten befinden sich ausschließlich Maulscharten.12 Die Festung hielt gegen mehrere Angriffe und Belagerungen stand und blieb dank Bollwerken, Wehrgänge und Kasematten uneinnehmbar.13 1760 gegen Ende des Siebenjährigen Krieg gelang den Franzosen die Dillenburger Festung stark zu beschädigen, indem ein Teil des Schlosses durch die ständige Bombardierung Feuer fing. In der Festung war nicht genügend Wasser zum Löschen. Die Mauern stürzten ein was zur Verschüttung der Kasematten führte. 1964 wurden die Kasematten der Südostseite im Auftrag des Geschichtsvereins Dillenburgs freigelegt.14 Diesen Teil des Kasemattenwerks zu durchgehen dauert etwa 45 Minuten.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Brohl, Elmar; Ottersbach, Christian (2013): Festungen in Hessen. 1. Aufl. Regensburg: Schnell et Steiner (Deutsche Festungen, 2).
Fischer, Sebatian (2014): Museumsverein Dillenburg. Schlossgewölbe und Kasematten. Online verfügbar unter http://www.museumsverein-dillenburg.de/kasematten.html, zuletzt geprüft am 02.06.2015.
Hagner, Heinz (1985): Schloß und Festung Dillenburg. Die Zerstörung vor 225 Jahren ; die Wiedererschließung der Kasematten. Dillenburg (Dillenburger Blätter, 5/6 = Jg. 2).
Dr. Harald Herzog (1997): Museum Koenraad Bosman. Die Kasematte am Falltor. Rees, zuletzt geprüft am 17.06.2015. Online verfügbar unter http://www.rees-erleben.de/index.asp?Ueb=2&Kategorie=&Linkkennung=1000000191
Kasematten Düsseldorf. Die Geschichte der Kasematten. Online verfügbar unter http://www.kasematten-duesseldorf.de/die-geschichte-der-kasematten2/, zuletzt geprüft am 02.06.2015.
Pape, Burkhard (2011): Das Heidelberger Schloss und seine Befestigungen. á. Petersberg, Kr Fulda: Michael Imhof Verlag.
Schmidt, Thomas (2014): Die Freilegung der Kasematten. In: Thomas Schmidt. Online verfügbar unter http://www.museumsverein-dillenburg.de/kasematten.html
Vogt, Monika; Wurzel, Thomas (2001): Ruinen und die Aura der Geschichte. Begegnungen mit Ruinen in Hessen. Frankfurt/Main, Wiesbaden: Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen; Landesamt für Denkmalpflege Hessen.
Wroblewski, Jens-Holger; DR. Joachim Zeune: Kasematten - Festungswerke (16.Jh.). Unterirdische Gänge und Geschützstellungen. Heinsberg. Online verfügbar unter http://www.heinsberg.de/kultur/burg-und-kirchberg/bwt05.pdf, zuletzt geprüft am 02.06.2015.
Zastrow, H. A. von (1839): Geschichte der beständigen Befestigung oder Handbuch der vorzüglichsten Systeme und Manieren der Befestigungskunst: nach den besten Quellen bearbeitet und durch achtzehn Pläne erläutert. Online verfügbar unter https://books.google.fr/books?id=5KI6AAAAcAAJ.
Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis
1 Zastrow 1839
2 Duden
3 Dr. Harald Herzog 1997
4 Zastrow 1839
5 Pape 2011, S.24-30
6 Kasematten Düsseldorf
7 Wroblewski und DR. Joachim Zeune
8 Pape 2011, S.32-33
9 Zastrow 1839, S. 252
10 Fischer 2014
11 Schmidt 2014
12 Brohl und Ottersbach 2013, S.71-72
13 Fischer 2014
14 Vogt und Wurzel 2001, S.71-73
Bild [1]: Viollet-le-Duc (1766-1832),“ Königstein. Festung. Kasematten (1766-1832). Inneres In Höhe Hornravelin“ URL: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90020313
Bild [2]: Viollet-le-Duc (1701-1800), “ Königstein. Festung. Kasematten (18.Jh.) am Alten Zeughaus“ URL: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90020429
Bild [3]: Viollet-le-Duc (1886), “Festung Königstein, Entwurf zum Umbau der Kasematten zwischen den Kranich und Hempels Ecke, Schnitte“ URL: http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70026056
Zitiervorschlag:
Fernandes, Daniel Barbosa (2015): „Kasematten“, in: urbs-mediaevalis.de/Studienportal/Gebäudetypologie, URL: http://www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/gebaeudetypologie/wehrbauten/kasematten.php
letzte Aktualisierung dieser Seite: 13. November 2015 Autorin(nen) oder Autor(en): Daniel Barbosa Fernandes PDF |