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Bauwerkstypologie: Klause

Klause

 

Definition

Die Begriffe Einsiedler und Eremit kommen aus dem Lateinischen „solitari“, was so viel wie „einsam“ bedeutet.1 Die Person, die diese Lebensform gewählt hat, führt ein zurückgezogenes Leben, fern von anderen Menschen um alleine zu sein.2

Das Wort Klause wandelt sich von den lateinischen Worten „includo“, was im deutschen für „einschließen, einsperren, umschließen“ steht, ab.3 Ein Klausner lebt in strenger Einzelklausur und ist meist in der Nähe von Klöstern oder Kirchen angesiedelt.4

Das Leben eines Klausners, Einsiedlers, Eremit

Ganz im Gegensatz zu Klostergemeinschaften, in denen vieles aufgeschrieben und archiviert wurde, gibt es von Einsiedlern so gut wie keine Überlieferungen, was es erschwert darüber zu forschen. Grund dafür ist die zurückgezogene und abgeschottete Lebensweise, was dem Leben in christlicher Frömmigkeit entspricht. Die Wüste war für sie zwar unerreichbar weit weg, wurde jedoch als Vorbildbegriff im Sinne von Einöde und unbewohnter Orte gesehen. Beliebte Ansiedlungsziele waren deshalb sehr abgeschiedene Orte wie Berge, Täler, kleine Inseln und Wälder.5 Im Mittelalter zählt die Lebensform von Eremiten und Einsiedlern sogar als höchste Form des religiösen Lebens. Zwar waren
Eremiten und Einsiedler in Deutschland bekannt und fanden im 10-12. Jahrhundert ihre Hochzeit, jedoch erregten sie nie so großes Aufsehen wie in den Nachbarländern Frankreich und Italien.6 Ein bedeutender Propagandist des Eremitentums im 11. Jahrhundert, war der italienische Eremit und Intellektuelle Petrus Damini. Er beschrieb das Eremitentum wie folgt: „Das Leben in Einsamkeit ist die Schule der Lehre Gottes, das Übungsfeld himmlischer Fähigkeiten. […] Denn eine Einsiedelei ist ein Garten himmlischer Freuden; […]“7

Weitläufiger in Deutschland verbreitet und bekannt war die Klausur. Während bei Eremiten und Einsiedlern meist nur Männer vertreten waren, waren Frauen in Klausen häufiger zu finden. Dies war eine große Möglichkeit für Frauen, sich außerhalb eines regulierten Ordens, einem frommen Leben anzuschließen.8 Klausner/innen wohnten zwar, wie die Einsiedler und Eremiten auch, nicht in den Klostergemeinschaften selbst, waren jedoch meinst in der Nähe von Kirchen oder Klöstern in ihrer „cella“(Klause) eingemauert und nur durch eine kleine Fensteröffnung mit ihrer Außenwelt verbunden. Für Frauen war dies besonders gut geeignet, da sie kaum berührt oder angefasst werden konnten. Selbstverpflegung war somit schwierig, weshalb sie auf Priester und Mönche stark angewiesen waren.9

Regionalbeispiel Disibodenberg (Rheinland-Pfalz)

Die heutige Klosterruine Disibodenberg, die sich etwa 70 Kilometer südwestlich von Mainz, im Landkreis Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz befindet, wurde im Jahr 1985-1990 wieder freigelegt und erforscht.10

Die Klosterruine liegt etwa 80 Meter über einem Talgrund auf einem schmalen Höhenrücken und ist auf einem Plateau gebaut. Dieses hat die Form eines Dreiecks und weist mit der Spitze gen Norden.11

Den Namen hat das Kloster vermutlich durch den irofränkischen Wandermönch Disibod, der sich in der zweiten Hälfte des 7.Jahrhunderts auf dem Disibodenberg niederließ, wahrscheinlich an einer schon bestehenden Missions- und Taufkirche.

Nach und nach entstand eine Klerikergemeinschaft mit Disibod als Oberhaupt. 975-1011 kam erstmals wieder neues Leben auf den Berg. Erzbischof Willigis von Mainz baute einen Stützpunkt, ganz im Interesse des Erzbistums, mit 12 Augustiner-Chorherren aus. 100 Jahre später veranlasste Erzbischof Ruthard jedoch eine Ablösung der Augustiner-Chorherren durch Benediktiner und lies 1108 eine Abteikirche errichten, welche den Kern des Klosters bildet.12

 

Plan
Abb. 1: Plan und Kennzeichnungen der Klosterruine Disibodenberg, Rheinland-Pfalz [+]

Heute sehr bekannt und beliebt bei Pilgern ist der Berg aber vermutlich durch die berühmte Heilige Hildegard von Bingen, die im Alter von 8 mit Jutta von Sponheim auf dem Disibodenberg in der Frauenklause „eingeschlossen“ wurde.13

Nach dem Tod Juttas, wurde Hildegard zur Leiterin der Frauenklause ernannt. Durch den Konzilsbeschluss gegen das gemeinsame Chorgebet von Mönchen und Nonnen wurde das Doppelkloster im Jahr 1139 jedoch aufgelöst und Hildegard verließ den Disibodenberg. 1148 gründete sie ihr eigenes Kloster auf dem Rupertsberg bei Bingen.14

Wegen fehlenden archäologischen Überresten, lassen sich leider nur Vermutungen über die Lage und das Aussehen der Frauenklause aufstellen.

Die im 12. Jahrhundert entstandene Frauenklause muss wohl 10 bis 20 Inklusinnen beherbergt haben, weshalb sie von beachtlicher Größe sein musste. So kann der Platz südwestlich (Abb 1.; Nummer 20) der Kirche als möglicher Standort nicht ausgeschlossen werden, obwohl durch die Inklusenregel eine nähere Anbindung an einer Kirche vorgesehen war.

Da die Situation des Klosterkirchenwestbaus (Abb. 1; Nummer 1a) aber auch ungeklärt ist und vermutlich aus einer unterkellerten Vorhalle und einem nördlichen Turm bestand, ist es möglich, dass eine Seite der Klausenzelle an die Kirche stieß und mit Fensteröffnungen die Möglichkeit bat dem Gottesdienst beizuwohnen und die Sakramente zu empfangen.

Durch eine weitere Öffnung in einem kleinen Vorraum, ermöglichte man den Kontakt zur Außenwelt und das Hineinreichen der Speisen.

heutiger Platz Frauenklause
Abb. 2: Foto des heutigen bezeichneten Platzes der Frauenklause südwestlich der Klosterkirche [+]

Eine weitere Vermutung ist, dass der an den Westflügel des Kreuzgangs (Abb. 1; Nummer 2) stoßende Bereich als Frauenklause gedient haben könnte. Der erforderliche Zugang zur Klosterkirche durch den Westbau, wäre so besser möglich gewesen und auch die zellenartigen Grundrisse, die wohl aus benediktinischer Zeit stammen, sprechen dafür.15

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Brooke, Christopher Nugent Lawrence; Klett, Regine (2001): Die Klöster. Geist, Kultur, Geschichte. Korrigierte Taschenbuchausg. Freiburg im Breisgau: Herder (Herder-Spektrum, Bd. 4970).

Daim, Falko; Albrecht, Stefan (2009): Als Hildegard noch nicht in Bingen war. Der Disibodenberg - Archäologie und Geschichte.

Grundmann, Herbert (1963): Deutsche Eremiten. Einsiedler und Klausner im Hochmittelalter (10.-12. Jahrhundert). In: Archiv für Kulturgeschichte: AKG 45, S. 60–90.

Keddigkeit, Jürgen; Untermann, Matthias; Ammerich, Hans; Heberer, Pia; Lagemann, Charlotte (Hg.) (2014): Pfälzisches Klosterlexikon. Handbuch der plälzischen Klöster, Stifte und Kommenden. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde. Kaiserslautern: Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde (Beiträge zur pfälzischen Geschichte, Bd. 26.1).

Menge, Hermann; Güthling, Otto (2003): Langenscheidt großes Schulwörterbuch Lateinisch - Deutsch. Berlin: Langenscheidt.

Schnell & Steiner (Hg.): Kloster Disibodenberg. Religiosität, Kunst und Kultur im mittleren Naheland (202).

Stanzl, Günther (Hg.) (1992): Die Klosterruine Disibodenberg. Neue baugeschichtliche und archäologische Untersuchungen. Rheinland-Pfalz. Worms: Werner (Forschungsberichte zur Denkmalpflege, 2).

Wegner, Sigrid: Beginen, Klausnerinnen und andere fromme Frauen im Raum Koblenz. Dissertation. Gesellschaft für Mittelrheinische Kirchengeschichte.


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

1 Menge und Güthling 2003, S. 1156.
2 Grundmann 1963, S. 60.
3 Menge und Güthling 2003, S. 624.
4 Grundmann 1963, S. 64.
5 Grundmann 1963, S. 80–81.
6 Grundmann 1963, S. 61–62. ; Brooke und Klett 2001, S. 81
7 Zitat nach Petrus Damiani Brooke und Klett 2001, S. 84.
8 Wegner, S. 74.
9 Grundmann 1963, S. 64.
10 Schnell & Steiner, S. 10.
11 Stanzl 1992, S. 9.
12 Stanzl 1992, S. 11–12.
13 Daim und Albrecht 2009, S. 111–112.
14 Keddigkeit et al. 2014, S. 274.
15 Schnell & Steiner, S. 44

 

Abb. 1: Stanzl, Günther, Die Klosterruine Disibodenberg. Neue baugeschichtliche und archäologische Untersuchungen. Rheinland-Pfalz. Worms: Werner (Forschungsberichte zur Denkmalpflege, 2). Worms 1992

Abb. 2: Foto Sophia Heck, 2018

 

Zitiervorschlag:
Heck, Sophia (2018): „Klause“, in: http://www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/gebaeudetypologie/sakralbauten/klause.php

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. August 2018
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Heck, Sophia PDF

 

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