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Funktionsbauten: Brücke
Die Brücke im Mittelalter
Die Brücke stellte neben wichtigen Straßen und Handelswegen ein bedeutendes Verbindungsglied zwischender mittelalterlichen Stadt und dem Umland dar. Brücken (mdh. Brucke, brugge, brücke, brügge = Brücke, Gerüst, Schaubühne) waren daher für die Überquerung von Bächen und Flüssen in militärischer und ziviler Hinsicht sowie für den Handel oder der repräsentativen Eigenschaften in dieser Epoche unabdingbar.1
Gleichermaßen kommt der Brücke auch eine symbolische, spirituelle Bedeutung zu:
„Man merkt, wie man sich beim Betreten vom sicheren Ufer löst, man fühlt das Abheben, das Überwinden, das Ankommen.“2
Nach dem Zerfall des weströmischen Reiches endete zunächst eine jahrhundertealte Tradition der Ingenieurskunst im Brückenbau. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts stellten Baumeister jedoch unter Anwendung des Segmentbogens beispielsweise die Donaubrücke in Regensburg her (Abb.1). Dieses steinerne, massive Bauwerk wurde um 1146 durch Einfluss des Bayernherzoges Heinrich des Stolzen fertiggestellt und stellte die darauffolgenden 800 Jahre die wichtigste Verbindung der Stadt, über die Donau, zum Umland her.3
Bild [1]: Kupferstich Steinerne Brücke Regensburg, 1644 [+]
Ein wichtiger Aspekt in Betrachtung dieser monumentalen Konstruktionen ist die Finanzierung dieser Projekte. Typisch für das Mittelalter war der Brückenbau einerseits weltlich-kommerziell und andererseits kirchlich geprägt. Durch sogenannte „Brückengelder“ oder auch Brückenzölle, die durch verschiedene Sammlungen, Spenden reicher Bürger und kirchlichen Ablässen erwirtschaftet wurden, konnten die Brücken realisiert werden.4
Sogenannte „Brückenbau-Bruderschaften“ wurden gegründet, um Bau und Reparatur als Gemeinschaft finanzieren zu können. Es galt hierbei der Gedanke des gemeinen Nutzens (communis utilitas).
Um Brücken dieser Art konstruktiv solide bauen zu können, entschied man sich für eine Konstruktion aus Stein. Diese Vorgehensweise verlieh der Brücke die nötige „Schwere“ und damit auch genügend Masse, um die einwirkenden Druck und Zugkräfte aufnehmen zu können.
Aufgrund der sehr großen Spannweiten, die es zu überbrücken galt, bezog man sich auf die bereits im römischen Reich verwendeten Rundbogen-Konstruktionen. Hierbei werden die ankommenden Druckkräfte von oben über die beiden Seiten des Bogens durch die massiven Pfeiler abgeleitet (Abb.2). Verankert sind die Pfeiler in den unter dem Wasser befindlichen Fundament-Blöcken. Da die Kräfte nicht nur vertikal in das Fundament wirken, sondern auch zum Teil seitlich auf die Widerlager, musste ein möglichst solider Baugrund vorhanden sein. Je flacher die Bogenausbildung bei einer Brücke ist, desto stärkere Horizontalkräfte entstehen und versuchen, das Widerlager auseinander zu drücken.5
Bild [2]: Schematische Darstellung der Kräfteeinwirkung [+]
Die steinerne Brücke über die Nahe aus Bad Kreuznach nimmt in der Geschichte der mittelalterlichen Brücken aus Deutschland eine besondere Stellung ein, da sie heute noch hinsichtlich auf Verkehr und Wohnnutzung der Brückenhäuser voll genutzt wird.
Die „alte Nahebrücke“ oder auch „Ald (Noh-) Brick” wurde wahrscheinlich um die Jahre 1300 von dem Stadtherren Graf Simon II. in Auftrag gegeben und um 1311 fertiggestellt.7
Die Brücke wurde aus Sandstein und Porphyr errichtet und besteht aus 8 Bogen. Drei der Bogen überragen den linken Teil der Nahe, zwei stehen auf der Wörth-Insel als Flutbrücke und die letzten beiden Bogen überspannen den rechten Teil der Nahe.
Die Brücke war so hoch konstruiert, dass sie jeglichen Hochwassern bestehen konnte und war gleichzeitig als Verteidigungsanlage für die Stadt vorgesehen.
Die darauf befindlichen Brückenhäuser verliehen der Brücke ihren besonderen Charakter. Diese Häuser wurden von den Kaufleuten und Handwerkern der Stadt bewohnt und gewerblich genutzt.
In den Kellerräumlichkeiten der Brückenhäuser befanden sich sogenannte Schießkammern mit kleinen Schießscharten zur Verteidigung.8
Bild [3]: Ansicht Alte Nahebrücke Bad Kreuznach, linker Brückenarm mit Brückenhäusern, 2015 [+]
Literatur- und Quellenverzeichnis
Brown, David J. (2007): Brücken. Kühne Konstruktionen über Flüsse, Täler, Meere. 2. überarb. Aufl. München: Callwey.
Hemmeter, Karlheinz (2011): Brücken in Bayern. Geschichte, Technik, Denkmalpflege. München : Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Denkmalpflege-Themen ; Nr. 2). Online im Internet : <http://www.blfd.bayern.de/medien/themen2_bruecken_k.pdf> [Stand: 26.11.2015]
Steinbrücken in Deutschland (1988): Düsseldorf: Beton-Verl. Bd. 1
Dietrich, Richard J. (1998): Faszination Brücken. Baukunst, Technik, Geschichte. München: Callwey.
Isenmann, Eberhard (2014): Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150–1550. Stadtgestalt, Recht, Verfassung, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft. 2., durchgesehene Aufl. Köln/Wien: Böhlau.
Murray, Peter; Cadman, David (Hg.) (1996): Living bridges.
Nebel, Bernd (2015): Bogenbrücken. Online im Internet: <http://www.bernd-nebel.de/bruecken/index.html?/bruecken/6_technik/bogen/bogen.html> [Stand: 26.11.2015]
Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis
1 Murray, Cadman, David (1996)
2 Dietrich (1998), S. 22
3 Steinbrücken in Deutschland (1988), S. 118
4 Isenmann (2014), S. 115
5 Hemmeter, Maier, Müller (2011), S. 11–12
6 Hemmeter, Maier, Müller (2011), S. 11–12
7 Steinbrücken in Deutschland (1988) S. 397
8 Steinbrücken in Deutschland (1988) S. 394–397
Bild [1]: Merian, Matthäus: Kupferstich Steinerne Brücke Regensburg (1644). Bildindex Marburg, Aufnahme-Nr. 1.046.695; Microfiche-Scan mi08775c08
Bild [2]: Hunter, David: Selbsterstellte Schematische Darstellung der Kraftübertragung von Rundbögen, (2015)
Bild [3]: Weschta, Hans: Fotografie der alten Nahebrücke Bad Kreuznach mit Brückenhäuser (2004)
Zitiervorschlag:
Hunter, David (2015): „Die Brücke im Mittelalter“, in: urbs-mediaevalis.de/Studienportal/Gebaeudetypologie, URL: http://www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/gebaeudetypologie/funktionsbauten/bruecke.php
letzte Aktualisierung dieser Seite: 30. November 2017 Autorin(nen) oder Autor(en): David Hunter PDF |