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Bauwerkstypologie: Brauhaus

Brauhaus

 

Definition

Das Brauhaus ist ein Gebäude, welches im Wesentlichen dazu verwendet wurde aus Gerste, Wasser und Hopfen Bier herzustellen, ab und an wurde dort auch Met und Wein destilliert.
Dieses Gebäude, teils auch ein größerer Gebäudekomplex war im Mittelalter häufig zentral in einer Stadt1 oder in einer Klosteranlage2 gelegen.

 

Geschichte des Bieres und des Brauhauses

Um ein Bier zu brauen, welches dem heutigen Standard nahekam, bedurfte es eines langen Atems in der Geschichte des Brauwesens. Wenn auch das eigentliche Verfahren des Brauens schon seit Jahrtausenden bekannt ist, sind maximal nur bierähnliche Gebräue herausgekommen. Vergorene Getränke begleiten den Menschen und seine Geschichte von der Zeit der Jäger und Sammler bis in das 21. Jahrhundert.


7000 v. Chr. begann das geplante Vergären lassen von Früchten und Getreide, um ein alkoholhaltiges Getränk zu erhalten, welches eine wesentlich längere Haltbarkeit mit sich brachte.3

Bei den Mesopotamiern tauchte das Symbol für Bier bereits 3200 v. Chr. zum ersten Mal auf.4

Vor dem 7. Jahrhundert braute jeder als Nahrungszusatz, teils auch Nahrungsersatz, ein Bier ähnliches Getränk aus Wasser und Getreide (z.B. Hafer5 oder Emmer)6 teils kam auch Honig oder Rinde hinein.7 Der Alkoholgehalt spielte keine wesentliche Rolle,8 der Geschmack zählte.

Eine entscheidende Weiterentwicklung folgte im 8. Jahrhunderts. Die Slawen brachten den Hopfen durch die Völkerwanderung von Ost nach West.9

Durch den Einzug des Hopfens in die Geschichte des Bierbrauens folgten massive Lager- und Qualitätsunterschiede. Dies hatte zufolge, dass verschiedenste Biere entstanden.10

Um einen gewissen Bier-Standard zu gewährleisten wurde schon früh mit dem Gedanken eines Reinheitsgebotes gespielt. Unabhängige Gremien kontrollierten vereinzelt bereits im 14. Jahrhundert die Brauereien.11 Dennoch fehlte eine einheitliche Schriftform.12 Erst das Gebot von 1516 setzte sich durch, da es im Wesentlichen darauf ausgelegt war den Preis und nur nebenbei die Zutaten zu regeln.13


Während Schubert davon ausgeht, dass Mönche in ihren Klöstern nur wenig zu der Bierentwicklung in Europa beigetragen haben14 und ausschließlich zum Eigenbedarf brauten, äußerte sich Brüchert entschieden dagegen. Folgt man diesem, trugen Mönche enorm zur Bierentwicklung und Verbreitung des Gebräus bei.15 In gleicher Weise argumentieren auch Meußdoerffer und Zarnkow, sowie auch Untermann.16 So lässt es den Schluss zu, dass Schubert mit seiner Auffassung alleine dasteht. In einem sind sich alle Quellen einig, Bier brauen war teuer, zeitaufwändig und platzraubend.17

Die Kirche hielt sich vor dem 7. Jahrhundert sehr aus der Bierbraukunst fernhielt, erst danach wurde es für einige Klöster unabdingbar. Es begann mit der Selbstversorgung für einige schlechter positionierte Klöster18 die sich das ursprünglich bevorzugte Getränk, Wein, kaum noch leisten könnten, da der Weinanbau in einigen Bereichen fast völlig unmöglich auszuüben war.19

Der Stellenwert von Bier wird besonders deutlich im Kloster St. Gallen in einer Urkunde des Mönchs Notker Balbulus über die Verpflegung von dessen Gästen „, dass die Tradenten Brot und Bier und Gemüse und Milch erhalten, an den Festtagen jedoch Fleisch“.20

Zu Beginn war das Bierbrauen noch eine Kunst "ars braxandi"21 und entwickelte sich auch für die Klöster zur zusätzlichen Einnahmequelle.22

Bereits im Jahr 1050 ist das Braurecht vollständig in Mitteleuropa auf Herzöge und Bischöfe übergegangen.23 Als Sicherung der Position der Könige vergaben diese das Braurecht zu unterschiedlichen Konditionen an unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. So kam es vor, dass in einigen Städten nur reiche Bürger24 das Braurecht hatten, in anderen jeder Bürger der Stadt,25 welcher Abgabe zahlte und in wieder anderen Regionen hatten nur die Klöster das Recht.26 

Durch die Vergabe des Braurechtes bildeten sich das Kommunbrauwesen aus.27 Bei dieser Art des Brauwesens haben sich Bürger zu größeren Gruppen zusammengeschlossen um gemeinsam in einem zentralliegenden Gebäude in der Stadt Bier zu brauen. So benötigte nicht jeder ein dafür geeignetes Gebäude, wie die dazugehörigen Werkmaterialien. Die Inhaltstoffe konnten ebenfalls mit anderen Gewerken geteilt werden, was die Lagerkosten mit reduzierte.28 Aus diesen Gründen wurde Bier erheblich erschwinglicher. So wundert es nicht, dass zu Mitte des 14 Jahrhunderts Bier das Volksgetränk schlechthin wurde und die vorherrschenden Getränke wie Wein und Met abgelöst hatte.29

 

Konstruktion des Brauhauses am Beispiel des Klosters St. Gallen

Das Gebäude, ob es sich in der Stadt oder in einer Klosteranlage befand, musste bestimmte Eigenschaften aufweisen.

Zum einen musste ein kühler, lichtloser und feuchter Keller vorliegen. Die kühlen Steinkeller sind für das Mälzen des Getreides wichtig, dies meint das Ankeimen des Korns.30 Dieser Vorgang führt zum Umwandeln der Stärke in Malzucker und dies bestimmt die Grundqualität des Bieres.31

Zum zweiten wiesen die Gebäude große Eingänge und breite Tore auf.32

Große Eingänge wurden für die Kutschen und Wagen gebraucht, die für den Transport der Fässer und Kessel genutzt wurden. Das Darren im Dachstuhl, die Feuer unter den Kesseln und die enge Stadtbebauung sorgten für eine hohe Brandgefahr, um dem entgegenzusetzen wurden die Eingänge so groß gebaut, dass die Löscharbeiten erleichtert wurden.

Zuletzt benötigte das Gebäude noch einen trockenen und luftigen Dachboden oder eine Scheune.

Steinheim

 

Das Darren folgt nach dem Mälzen. Dies beschreibt den Vorgang des Trocknens und des leichten Röstens.33 Dabei wird der Stärkeabbau unterbrochen und führt zur Malz-Karamellisierung.34

In bestimmten Bereichen wird ab Mitte des 14. Jahrhunderts vereinzelt ein Bierzeichen oder -Kegel zu Zeichnung von Kommunbrauhäusern verwendet.35 Die einfachste Variante bestand aus zusammengebundene Ästen (Buschen). Die nächste Form waren Holzkegel, welche an einer langen Stange in die Straße gehängt wurden (Bierkegel). Im Laufe der Zeit wurden sie immer weiter ausgeschmückt. Nach und nach folgten Spezialisierungen auf die Art des Bieres und/ oder die Schankstube.36 (Abb.1)

Abb.1: Bierzeichen zur Schloss-Schänke Luginsland in Steinheim am Main [+]

 

 

 

St. Gallen

St. Gallen war im 9. Jahrhundert ein Kloster, welches aus vierzig Gebäuden bestand, dazu zählten drei Brauereien. Diese grenzten zum einen an der Küche, welche selbst neben dem Speisesaal der Mönche lag, der Herberge für erlauchte Gäste, sowie dem Hospiz für Bedürftige und Pilger.

Die Brauereien selbst bestanden aus zwei Räumen, einem großen mit Herd und Kesseln und einem kleineren Raum. Der große Raum war für das Ansetzen der Maische oder für die Gärung bestimmt. In den vorhandenen Kesseln wurde die Würze hergestellt. Der kleinere Raum stand für das Abkühlen des Bieres zu Verfügung.37

Wie bereits erwähnt teilten sich die Brauereien mit anderen Gewerken oft Lagerplätze. In diesem Fall grenzen die Brauereien an dem Gebäude des Bäckerhandwerks, beide teilten sich den Holzlagerplatz.

Die größte Brauerei war für den Eigenbedarf bestimmt, hierzu war im selben Trakt ein Getreidelager, eine Darre, zwei wasserbetriebene Stampfen und zwei Mühlen untergebracht. Das Getreidelager ist ausschließlich für das Braugetreide bestimmt.

 

Schöfferhoferbrauhaus aus Mainz

Das Schöfferhof-Brauhaus38 in der Korbgasse 3 in Mainz ist der einzig erhaltene Profanbau aus der Spätgotik. Es wurde Mitte des 15. Jhdt. erbaut und im zweiten Weltkrieg zum größten Teil zerstört. 1974/75 folgte die Teilrekonstruktion, heute ist das Gebäude an einen Neubau angeschlossen.

 

Schöfferhofer Ansicht Brand

 

Schöfferhofer Ansicht Korbgasse

Abb.2: Schöfferhof Ansicht Am Brandt Ecke Korbgässchen [+]

 

Abb.3: Schöfferhof Ansicht Korbgasse Ecke Korbgässchen [+]

 

 

 

Der Hof zum Korb

 

Werkstatt des Bierbrauers

Abb.4: Der Hof zum Korb, Korbgasse, vor 1887 [+]
 

 

Abb.5: Idealisierte Darstellung der Werkstatt eines Bierbrauers, Holzschnitt aus dem "Ständebuch" des Jost Amman, 1568 [+]

Das 3 geschossige vollständig aus Stein erbaute Gebäude entsteht auf einem trapezförmigen Grundriss, mit den Maßen 4 bzw. 9 Metern. (Abb.2) Im Erdgeschoss befindet sich ein Torbogen, als Spitzbogen ausgeformt, welcher ehemals in einen Arkadenhof mündete. Über dem zweiten Geschoss bildet sich ein polygonaler Erkerturm aus, welcher über mehrere Stockwerke bis zum Dach reicht. Die im Erkerturm erhaltenen gotischen Fenster sind durch Pfosten und Kreuze unterteilt.39 (Abb.3)

1476 vereinte der Buchdrucker Peter Schöffer das Haus mit dem Hof zum Humbrecht, dem Gutenberg Druckhaus, zu einem Anwesen.40 Das Anwesen war dann bekannt als der Schöfferhof-Dreikönigshof.41 Nach dem Tod Peter Schöffers kaufte Johann Koch das Anwesen von dessen Sohn und wandelte es in eine Gasthausbrauerei um. 1889 folgte unter Georg Conrad Rösch der Umzug auf ein größeres Gelände in Mainz.42

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

BRÜCHERT, HEDWIG, Frisch vom Fass. Geschichte des Bierbrauens in Mainz, Mainz 2012.

HIRSCHFELDER, GUNTHER; TRUMMER, MANUEL, Bier: eine Geschichte von der Steinzeit bis heute, Darmstadt 2016.

Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Stadt Mainz. Altstadt, hg. v. im Auftrag des Kulturministeriums vom Landesamt für Denkmalpflege, Band 2.2, Worms 1997 [= Band 2.2].

MEUßDOERFFER, FRANZ; ZARNKOW, MARTIN, Das Bier: eine Geschichte von Hopfen und Malz, München 2014 [= Beck'sche Reihe ; 2792 : C. H. Beck Wissen].

SCHUBERT, ERNST, Essen und Trinken im Mittelalter, Darmstadt 2006.

UNTERMANN, MATTHIAS, Handbuch der mittelalterlichen Architektur, Stuttgart 2009.

WIRTH, WALTER; GROßLER, NORBERT, Von Kommunbrauhäusern und Brauerein 2000.


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

1 ERNST SCHUBERT, Essen und Trinken im Mittelalter, Darmstadt 2006, S. 215
2 FRANZ MEUßDOERFFER, MARTIN ZARNKOW, Das Bier: eine Geschichte von Hopfen und Malz, München 2014, S. 57
3 Ebd., S. 19–20
4 Ebd., S. 24–25
5 SCHUBERT, S. 208
6 Ebd., S. 206–207
7 MEUßDOERFFER, ZARNKOW, S. 18
8 SCHUBERT, S. 206–207
9 MEUßDOERFFER, ZARNKOW, S. 49
10 GUNTHER HIRSCHFELDER, MANUEL TRUMMER, Bier: eine Geschichte von der Steinzeit bis heute, Darmstadt 2016, S. 107
11 Ebd., S. 109
12 HEDWIG BRÜCHERT, Frisch vom Fass. Geschichte des Bierbrauens in Mainz, Mainz 2012, 16–17
13 SCHUBERT, S. 228
14 Ebd., S. 209
15 BRÜCHERT, 13–14
16 MATTHIAS UNTERMANN, Handbuch der mittelalterlichen Architektur, Stuttgart 2009, S. 139
17 SCHUBERT, S. 208
18 MEUßDOERFFER, ZARNKOW, S. 44–45
19 Ebd., S. 44
20 Ebd., S. 46
21 SCHUBERT, S. 209
22 MEUßDOERFFER, ZARNKOW, S. 57
23 Ebd., S. 55
24 SCHUBERT, S. 215
25 WALTER WIRTH, NORBERT GROßLER, Von Kommunbrauhäusern und Brauerein 2000, S. 11
26 MEUßDOERFFER, ZARNKOW, S. 63
27 WIRTH, GROßLER, S. 12
28 SCHUBERT, S. 211
29 Ebd., S. 213
30 Ebd., 207/209
31 Ebd., S. 207–209
32 Ebd., S. 219
33 MEUßDOERFFER, ZARNKOW, S. 12
34 SCHUBERT, S. 207–209
35 WIRTH, GROßLER, S. 17–18
36 Ebd.
37 MEUßDOERFFER, ZARNKOW, S. 46–47
38 BRÜCHERT, S. 28
39 Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Stadt Mainz. Altstadt, hg. v. im Auftrag des Kulturministeriums vom Landesamt für Denkmalpflege, Band 2.2, Worms 1997, S. 122
40 BRÜCHERT, S. 28
41 Ebd.
42 Ebd., S. 29

 

Abb. 1: Schneider, Mareike Lillyen (2018)
Abb. 2: Schneider, Mareike Lillyen (2018)
Abb. 3: Schneider, Mareike Lillyen (2018)
Brüchert, Hedwig; Frisch vom Fass- Geschichte des Bierbrauens in Mainz, Mainz 2012:
Abb. 4: StA Mainz, BPSF 15731 A
Abb. 5: Holzschnitt aus: Jost Amman, Das Ständebuch, 114 Holzschnitte von Jost Amman mit Reimen von Hans Sachs, Ausgabe 1568. Leipzig 1934

 

 

Zitiervorschlag:
Schneider, Mareike (2018): „Brauhaus“, in: urbs-mediaevalis.de/Studienportal/Gebäudetypologie, URL: www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/gebaeudetypologie/funktionsbauten/brauhaus.php 

Autorengruppe: Studentinnen und Studentenletzte Aktualisierung dieser Seite: 12. April 2018
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schneider, Mareike PDF

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