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Bauteiltypologie: Maßwerk

Maßwerk

Bauornament der Gotik

„Gemessenes Werk“, d.h. mit dem Zirkel geometrisch konstruiertes Bauornament.

Das Maßwerk ist ein für die Epoche der Gotik kennzeichnendes Bauornament und wurde, wie die gesamte gotische Baukunst, aus dem heutigen Frankreich nach Deutschland transferiert.
Maßwerk schmückt meist die Fenster eines Gebäudes, kommt aber auch an Fassaden und Brüstungen (Blendmaßwerk, Schleiermaßwerk) oder in Gewölben vor.

Das Fenstermaßwerk besteht aus dem Stabwerk, welches das Fenster in Bahnen unterteilt, und dem oberhalb der Kämpferlinie im Bogenfeld des Fensters liegenden Couronnement (franz.: (Be)krönung).
Die Fensterbahnen sind durch Bogen abgeschlossen.

Masswerk-Fenster aus Ungewitter (1890-92)
Bild [1] und [2]


Das Stabwerk ist meist profiliert, es kann mit eingestellten Säulchen geschmückt sein. Der Binnengliederung des Fensters folgend ist das Maßwerk in verschiedenen Ebenen abgestuft (sog. Maßwerk 1., 2. und 3. Ordnung).

Eine Vorform des Maßwerks ist das Plattenmaßwerk, bei dem die Formen wie aus der Wand ausgestanzt wirken (wie z.B. in St. Gereon in Köln, 1219-27)

Frühe Maßwerkfenster zeigen im Couronnement oft einer Kreisform eingeschriebene Pässe oder Blätter.
Als erste reine Maßwerkfenster gelten die Chorfenster der Kathedrale von Reims (um 1215/20). Über den zwei Lanzetten jedes Fensters liegt ein Kreis mit einem liegenden Sechspass:

Cathedrale Reims   Cathedrale Reims
Bild [3] [+]
  Bild [4] [+]


Diese Fensterform wird in Deutschland in der Marburger Elisabethkirche (ab 1235) und in Trier übernommen.

Straßburg Münster Hochschifffenster   Ab 1230 entsteht in Frankreich das vierbahnige Maßwerkfenster, das über die Straßburger Münsterbauhütte (1250/70) und den Kölner Dom Verbreitung in Deutschland findet.
Jeweils zwei Bahnen mit lanzettförmigem Abschluss und ein Kreis mit eingeschriebenem Vierpass sind von einem Spitzbogen überfangen. Zwischen diesen beiden Spitzbögen liegt ein Kreis mit eingeschriebenem Sechspass bzw. Sechsblatt mit leicht angespitzten Blättern.
Bild [5]: Straßburg, Münster, Hochschifffenster

   

Um 1250 – 80 lösen sich die Drei- und Vierpässe aus der Kreisform, sie werden auch im Couronnement gestapelt.

Um 1290 - 1310 verdrängen oft Bogenvierecke und –dreiecke die Kreise, ihnen werden nun die Maßwerkformen 2. Ordnung eingeschrieben.

Evangelische Stadtkirche Friedberg  
Bogenviereck mit eingeschriebenem stehendem Vierblatt

Bogendreiecke mit eingeschriebenen Dreiblättern

genaste Lanzetten
Bild [6]: Evangelische Stadtkirche in Friedberg

Eine wichtige Rolle für die Entwicklung des spätgotischen Maßwerks spielt die Familie der Parler.
Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts emanzipieren sich die Maßwerkformen im Couronnement vom Stabwerk der Bahnen. Vielgestaltige, oft rotierende Formen wie der Schneuß, einer Art Fischblase, treten auf.
 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Behling, Lottlisa (1944): Gestalt und Geschichte des Maßwerks. Halle (Saale): Max Niemeyer (Die Gestalt, 16).

Binding, Günther (1989): Maßwerk. Darmstadt: WBG.

Binding, Günther (1999): Architektonische Formenlehre. 4. Aufl. Darmstadt: Primus-Verl.

Straßburg (1894): Straßburg und seine Bauten. Straßburg: Trübner

Ungewitter, Georg G. (1890/92): Lehrbuch der gotischen Konstruktionen. 3. Aufl. Bd. 1.2. Leipzig: Weigel

Viollet-le-Duc, Eugène-Emmanuel (1854/1868): Dictionnaire raisonné de l'architecture française du XIe au XVIe siècle. Bd. 1 – 10. Paris: Bance et Morel


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

Bild [1] und [2]: Ungewitter (1890/92), Ergänzungen (rot) von A. Schmelz
Bild [3]: Viollet-le-Duc (1854/1868),
URL:  http://fr.wikisource.org/wiki/Fichier:Chapelle.absidale.cathedrale.Reims.2.png
(Stand: 12.01.2014)
Bild [4]: Viollet-le-Duc (1854/1868),
URL:  http://fr.wikisource.org/wiki/Fichier:Fenetre.cathedrale.Reims.2.png
(Stand: 12.01.2014)
Bild [5]: Straßburg (1894)
Bild [6]: Foto A. Schmelz

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2014): „Maßwerk“, in: urbs-mediaevalis.de/Studienportal/Bauteiltypologie, URL:<http://www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/bauteiltypologie/bauteile-m/masswerk.php>

Autorengruppe: Projektleiter oder Projektbetreuerletzte Aktualisierung dieser Seite: 13. Januar 2014
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Annette Schmelz AS01-001 : PDF

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