urbs-mediaevalis.de
Bauteiltypologie: Fensterladen
Fensterladen
1. kurze Definition
Fensterläden sind bewegliche Elemente, die als Schutz vor Wetter, Einbruch und den Einblick ins Innere und ebenfalls zur Regulierung des Lichteinfalles dienen.1
Sie sind meist aus Holz, aber auch aus Metall oder Stein,2 dies kam jedoch im Mittelalter eher selten vor. Meist sind Fensterläden vor, sie können aber auch hinter der Fensterfläche angebracht sein.
Die Bezeichnung „Laden = Bohle, Brett“ verweist auf die einfachste und primitivste Form des Fensterladens ohne Ornamentik und Verzierungen.3
Bild [1]: horizontal geteilter, innerer Schlagladen [+]
2. Geschichte
Eine ausführliche Entwicklungsgeschichte des Fensterladens ist angesichts des lückenhaften Denkmalbestandes nahezu unmöglich.4 Auf Grund ihres nicht witterungsbeständigen Materials sind die Läden selten erhalten und waren im besonderen Maß der Mode unterworfen. Da sie schnell angebracht und entfernt werden konnten, gibt es nur noch wenige bis gar keine original erhaltenen Fensterläden aus der Zeit des Mittelalters.
Aus wenigen Denkmälern und Dokumenten des Hoch-Mittelalters lässt sich schließen, dass Schlagläden, die innen oder außen angebracht wurden, oft als einziger Fensterverschluss gebräuchlich waren.5 Den lichtdurchlässigen Fensterverschluss aus Glas gab es zwar auch schon zur Zeit der Römer, in unseren Regionen wurde Glas in diesem Zusammenhang aber erst später entdeckt.6 Ab dem Mittelalter wurden häufiger „Butzenscheiben“ als Glas für Fenster verwendet.7
Für das 14. und 15. Jahrhundert existieren Bildüberlieferungen, in denen Klappläden, aber auch Schlagläden erkennbar sind. Dort ist auch sichtbar, dass Fensterläden in Kombination mit Fensterverglasungen angebracht wurden.
Aus den übermittelten Schriftstücken und Bildern lässt sich sagen, dass Fensterläden meist im Profanbau zu finden, aber nicht zu einem bestimmten Haustyp zugehörig waren.8
Bild [2]: innerer Fensterladen [+]
3. Typen / Varianten
Bild [3]: Fensterladentypen [+]
3.1. lose Fensterläden
Lose Fensterläden waren die primitivste und einfachste Form des Fensterladens. Sie bestanden meist nur aus schildartigen Bretterkonstruktionen, die vor der Fensteröffnung angebracht wurden.9
3.2. Schlagläden
Schlagläden sind ähnlich wie Haus- oder Schranktüren seitlich in Angeln befestigt. Dabei wird zwischen Außen- und Innenläden unterschieden.
3.2.1. Außenläden
Die Außenläden waren meist nur schlichte, aus Brettern gezimmerte Schlagläden, mit Eisenbändern beschlagen (sogenannte „Kloben“),10 teilweise auch verschließbar.
Einflügelige Schlagläden wiesen oft einen Handgriff oder Ring aus Eisen zum besseren Öffnen und Schließen auf. Der Schlagladen konnte mit einem Eisenhaken am Gewände des Hauses eingehängt werden und war somit gesichert.11
3.2.2. Innenläden
Die Innenläden dagegen bestanden meist aus Rahmen und Füllung und waren zum Teil reich verziert mit Schnitzereien oder durch bunte Bemalungen. Oft wurden die Innenläden auch in senkrechte oder waagrechte Register gegliedert und waren zusammenklappbar.12
3.3. Klappläden
Klappläden wurden, sowohl innen als auch außen, entweder über oder unter der Fensteröffnung mit Scharnieren befestigt. Sie wurden hoch bzw. heruntergeklappt und mit einem einfachen Stab abgestützt, teilweise auch oben festgehakt.
Die oben festgehakten Klappläden dienten somit auch als Schutz, ähnlich wie ein Pultdach. Hochgeschlagen diente der unten angebrachte Klappladen als Fensterverschluss, in die Waagrechte geklappt als tischähnliche Warenauslage. Daher wurden Krämer und Kleinhändler auch „ladener“ genannt und das Wort "laden" ging auf ihren Geschäftsraum über.13
Neben dem Schlagladen war der Klappladen der meist verbreitete Fensterladentyp.14
Bild [4]: Klappladen [+]
3.4. Fall- und Zugläden
Fall- und Zugläden sind, wie Klappläden, ebenfalls über oder unter der Fensteröffnung angebracht bzw. in die Fassadenverkleidung eingelassen und können vom Raum her mit einem Strick oder Riemen in einer Nut hochgezogen oder herabgelassen werden.
Sie waren meist in Süddeutschland vom 15.-18. Jahrhundert vorzufinden.
In der Regel waren Zugläden an Gast- oder Amtshäusern, Herrensitzen oder kleinstädtischen Wohnhäusern angebracht.
Die Läden können frei sichtbar montiert sein oder hinter einem „Täferwerk“, das als Kassette dient. Das „Täferwerk“ ist eine Wandbekleidung, hinter der die Fensterläden verschwinden und nicht sichtbar angebracht wurden.
Oft wurden sie nur an Reihenfenstern der Stube angebracht, eher selten an Zwillings- oder Drillingsfenstern.15
3.5. Schiebeläden
Schiebeläden wurden bei kleineren Fensteröffnungen bevorzugt und waren seitlich befestigt. Auch sie fanden außen, häufiger jedoch innen Anwendung.
Sie waren in einen Rahmen eingelassen und wurden horizontal in meist hölzernen Führungsleisten vor die Fensteröffnung geschoben.16
4. Material & Farbigkeit
Der Werkstoff für Fensterläden aller Art war meist Holz, nur selten Metall oder Stein, da auf Grund der Materialeigenschaften Holz am besten geeignet war.17
Grund war das geringere Gewicht von Holz sowie die Verarbeitung und der Preis.
Auf Grund des Preises wurde oft Nadelholz verwendet, aber in einigen Fällen auch Eichenholz.18
Die Herstellung der Fensterläden gehörte meist zur Arbeit des Schreiners. Nur ganz einfache und primitive Exemplare wurden vom Zimmermann angefertigt.
Je nach Ausführung und Ornamentierung zählte man die Herstellung auch zum Bereich der hohen Möbelkunst. Dabei wurden die Fensterläden üppig geschnitzt oder mit den verschiedensten Farben an- und ausgemalt. Die Farbwahl wurde oft in Anlehnung an die Ortswappen getroffen.
Die ersten Bemalungen waren um das 15. Jahrhundert vorzufinden. Vorher waren die Fensterläden meist unbemalt. Motive der Bemalungen waren oft eine rechtwinklige Teilung, „Sparren“ oder auch „Flammungen“.19 Weniger häufig waren abstrakte Ornamente und figurähnliche Darstellungen.
Ab ca. 1800 wurde die Einfarbigkeit der Fensterläden üblich, da sich nun auch immer mehr die Jalousie durchsetzte.20
Bild [5]: Schnitzerei / Ornamentik [+] |
Bild [6]: Bemalung / Flammung [+] |
Literatur- und Quellenverzeichnis
Bilzer, Bert (Hg.) (1987): Das große Buch der Kunst. Vom Altertum zur Gegenwart. 6. Aufl. Braunschweig: Westermann.
Gärtner, D. (1996): Historische Fenster: kleine Entwicklungsgeschichte der Konstruktion in: Fraunhofer IRB: baufachinformation.de, Kurztexte zur Denkmalpflege
Online im Internet:
Gärtner, D. (1996): Historische Fenster: Verglasung und Farbigkeit in: Fraunhofer IRB: baufachinformation.de, Kurztexte zur Denkmalpflege, Online im Internet.
Koepf, Hans (1996): Bildwörterbuch der Architektur. 2. Aufl., 67.-72 Tsd., unveränd. Nachdr. der 2. Aufl. 1974. Stuttgart: Kröner (Kröners Taschenausgabe, 194).
Pevsner, Nikolaus (Hg.) (1987): Lexikon der Weltarchitektur. Mit einer umfassenden Bibliographie und einem Ortsregister der Abbildungen. 2., erw. Aufl. München: Prestel.
Reinle, Adolf; Fensterladen, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VII (1981), Sp. 1501–1524; in: RDK Labor, URL:
Schels, Peter C.A (2015): Fensterladen, in: Schels, Peter C.A.: Kleine Enzyklopädie des deutschen Mittelalters. Eine lexikalische Materialsammlung zum Mittelalter, schwerpunktmäßig im deutschsprachigen Raum. Online im Internet:
Wasmuth, Günther (Hg.), (1930): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Bd. 2: C bis Gyp. Berlin: Wasmuth.
Fensterladen (2015) in: Wikipedia. Online im Internet.
Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis
1 Wasmuth (1930), S. 436
2 Koepf (1996), S. 149
3 Reinle (1981), Sp. 1502
4 Reinle (1981), Sp. 1519
5 Wasmuth (1930), S. 437
6 Gärtner: Kleine Entwicklungsgeschichte der Konstruktion (1996), Online im Internet
7 Gärtner: Verglasung und Farbigkeit (1996), Online im Internet
8 Reinle (1981), Sp. 1520
9 Reinle (1981), Sp. 1502
10 Fensterladen (2015) in: Wikipedia. Online im Internet
11 Reinle (1981), Sp. 1507
12 Reinle (1981), Sp. 1504
13 Schels: Fensterladen (2015), Online im Internet
14 Reinle (1981), Sp. 1509
15 Reinle (1981), Sp. 1511
16 Reinle (1981), Sp. 1512
17 Koepf (1996), S. 149
18 Reinle (1981), Sp. 1514
19 Reinle (1981), Sp. 1518
20 Reinle (1981), Sp. 1519
Bild [1] : RDK VII, 1511, Abb. 6, Sp. 1503 und 1506, Jaques Androuet Ducerceau, Paris, 1576; Neuilly-sur-Seine (Seine), Château de Madrid au Bois de Boulogne (Anordnung zum Bau 1528), Innenansicht des Saales. Kupferstich (Ausschnitt 23,5 x 18cm) aus Jaques Androuet Ducerceau, Les plus Excellents Bastiments de France, Bd. 1, Paris 1576 (Neudr. Paris 1868)
Bild [2] : RDK VII, 1505, Abb. 2 a und b, Sp. 1503, 1505, 1506 und 1516, Meister von Flémalle, voll. um 1427/28, New York. Verkündigung, Joseph in der Werkstatt, Mittelbild und rechter Flügel des sog. Mérode-Altars. Gem. auf Holz, 64,1 x 63,2 cm, New York, Metrop. Mus. (The Cloisters)
Bild [3] : Sabine Schurig, (in Anlehnung an: Koepf, Hans (1996): Bildwörterbuch der Architektur. 2. Aufl., 67.-72 Tsd., unveränd. Nachdr. der 2. Aufl. 1974. Stuttgart: Kröner (Kröners Taschenausgabe, 194), S. 149)
Bild [4] : RDK VII, 1509, Abb. 4, Sp. 1510, Konrad Witz, um 1445, Straßburg Straßenszene, Ausschnitt aus dem Gem. „Die hll. Katharina und Maria Magdalena“. Gem. auf Tannenholz, Ges.Maße 1,62 x 1,31 m, Straßburg, Mus. des B.-A. Um 1445.
Bild [5] : RDK VII, 1505, Abb. 9, Sp. 1507 und 1517, Amalienburg im Schloßpark Nymphenburg, 1734 – 39, München, Fracios Cuvilliés, Amalienburg im Schloßpark Nymphenburg, München, SO-Ecke des Schlafzimmers (F. von Joh. Joachim Dietrich), 1734 – 1739, Fot. Bayer. Verwaltung der staatl. Schlösser, Gärten und Seen, München
Bild [6] : RDK VII, 1518, Abb. 10, Sp. 1512 und 1518, 1765, Zürich F. vom Amtshaus in Meienberg, Kt. Aargau. Holz, bemalt; bez. „Iacob Filiger 1765“. Museale Montage des 19. Jh. mit neuem Rahmen. Zürich, Schweiz, L.mus. Fot. Mus.
Zitiervorschlag:
Schurig, Sabine (2015): „Fensterladen“, in: http://www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/bauteiltypologie/bauteile-f/fensterladen.php
letzte Aktualisierung dieser Seite: 30. November 2017 Autorin(nen) oder Autor(en): Sabine Schurig PDF |