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Holzbauweise: Überblattung

Überblattung

 

Die Holzverbindung

Bei einer Holzverbindung werden zwei Werkstücke kombiniert, sodass sie eine bestimmte Konstruktion – je nach Verbindung – unterstützen.1 Alleine im deutschsprachigen Raum gibt es circa 350 verschiedene Verbindungen.2 Folgend die klassischen Überkategorien:
- Versatzung
- Verkämmung
- Verblattung
- Verzapfung3

Im Folgenden wird auf die Verbindung der Verblattung eingegangen.

Bei der Verblattung werden zwei Holzstücke miteinander verbunden. Sie werden um die Hälfte der Stärke reduziert und übereinandergelegt; so schafft man eine flächenbündige Verbindung. Wenn die Werkstücke nicht gleichstark sind, wird die Hälfte des schwächeren Holzes gewählt und auf der Sichtseite bündig gearbeitet.

Der Blattstoß

Abb. 1: Der Blattstoß [+]

 
Geschichte der Überblattung

Die Überblattung als Holzverbindung wurde schon um 3000 v.Chr. verwendet, um Hölzer miteinander zu verbinden.4 Die im Blockbau verwendete Anblattung von sich kreuzenden Rundhölzern wurde weiterentwickelt. Diese Weiterentwicklung führte dazu dass, Hölzer auf verschiedene Art und Weise überblattet wurden.5 Laut Phelps sind die ältesten noch erhaltenen Überblattungen die zweier Särge aus der Zeit des Alten Reiches in Ägypten um 3300 v.Chr.6 Um 750 v.Chr. entstand das Hakenblatt, eine Weiterentwicklung der Überblattung um höhere Zugkräfte aufnehmen zu können.7 Auch heute noch gibt es viele verschiedene Varianten der Verblattung.

Die Verbindung der Sparren8 mit den Dachbalken wurden im 13. Jahrhundert ausnahmslos verblattet und gegen Zug mit Holznägeln gesichert.9 Zu dieser Zeit gab es eine Vielfalt an Verblattungen und Verzapfungen in den Häusern. Da man vorzugsweise lange Riegelhölzer verwendete, nutzte man an den Längsverbindungen die Überblattung; die Endverbindungen waren meist verzapft.10 Ab dem 13. Jahrhundert entschied man sich, die Sparren mit den Dachbalken zu verzapfen und nicht mehr zu verblatten.11

Dennoch wurden bis 1500 n.Chr. weitgehend verblattet. Um 1600 versuchte man die Überblattung schließlich komplett einzustellen; 1655 wurde dies schriftlich in der Bauordnung von Baden-Württemberg festgehalten. Dennoch findet man vereinzelt auch nach 1655 Gebäude, in denen die Verblattung noch verwendet wurde.12


Formen der Überblattung

Die Überblattung ist eine konstruktive Holzverbindung, die jedoch durch die Einschnitte im Holzquerschnitt geschwächt wird und dadurch an Belastbarkeit verliert. Dennoch wird sie im Dachausbau und Fachwerkbau gerne verwendet.13

Sie ist die Holzverbindung mit der ausgedehntesten Variantenbreite, die man wie folgt kategorisieren kann:

Längsverbindungen:
- Gerades Blatt
- Zapfenblatt
- Hakenförmiges Brustblatt
- Zugblätter
- Hakenblätter
- Schräge Hakenblätter

Eckverbindungen:
- Eckblätter
- Hakeneckblätter

Querverbindungen:
- Querblätter
- Schwalbenschwanzquerblätter
- Hakenquerblätter
- Blattzapfen

Kreuzverbindungen:
- Kreuzblätter
- Kreuzblätter mit Haken14

Die Einteilung in die Kategorien erklärt wie die Werkstücke zueinanderstehen. Sie haben unterschiedlichen Lasten standzuhalten und unterscheiden sich im Aufwand der Fertigung.

 

Blattstoß

Der Blattstoß ist die einfachste der Blattverbindungen. Aufgrund ihrer Labilität wird sie eher selten verwendet denn sie nicht abhebefest, seitenschubfest oder zugfest. Diese Verbindung muss entweder mit einem Holznagel, Drahtstift, Bauklammer oder Nagelblech gesichert werden, wobei letztere Beiden nicht gegen Abheben schützen.15 (siehe Abb. 1)

Blattstoß mit SchwalbeAbb. 2: Blattstoß mit Schwalbe [+]

Blattstoß mit Schwalbenschwanz

Der Blattstoß mit Schwalbenschwanz ist wie der Blattstoß eine Längsverbindung. Diese Verbindung ist jedoch zugstabil durch die konische Form des Schwalbenschwanzes.

Die Herstellung erfolgt wie beim Blattstoß, jedoch wird die Hälfte der Länge der Ausklinkung durch einen Schwalbenschwanz abgelöst.

Das HakenblattAbb. 3: Das Hakenblatt [+]

Hakenblatt

Das Hakenblatt ist aufgebaut wie der Blattstoß, hat jedoch eine versetzte Schnittfläche und wird dadurch zugfest. Dadurch, dass 58 des Holzes abgenommen wird,16 anders als beim Blattstoß, bei der nur die Hälfte des Holzes abgenommen wird, verliert das Holz an „Fleisch“ und wird geschwächt. Wenn das Hakenblatt als Eckverbindung gearbeitet wird, setzt man es schräg an, um seitliches Verschieben zu vermeiden. Als Eckverbindung im Fachwerk wird es gerne verwendet, da man die Wand problemlos aufstellen kann ohne auf zusätzliche Hilfsmittel zurück zu greifen.17

Der GerberstoßAbb. 4: Der Gerberstoß [+]

Gerberstoß

Der Gerberstoß ist wie der Blattstoß eine Längsverbindung, hat jedoch als Ausklinkung eine Schräge. Dies macht den Gerberstoß stabiler als das Stoßblatt, da mehr Fläche aufeinandertrifft.

Zuerst sägt man 15 - 16 der Holzstärke in das Werkstück im rechten Winkel ein. In einem Abstand von der zweifachen bis dreifachen Stärke des Holzes wird auf der anderen Seite das gleiche getan und die beiden Enden miteinander verbunden.

Das EckblattAbb. 5: Das Eckblatt [+]

Ecküberblattung

Die Ecküberblattung ist dem Blattstoß ähnlich, wird jedoch als über Eck laufende Verlängerung verwendet. Außerdem entspricht die Ausklinkungslänge der Breite des Werkstückes, so dass die Ecke bündig ist.

Diese Verbindung ist nicht abhebefest, seitenschubfest oder zugfest und muss deshalb zusätzlich gesichert werden wie der Blattstoß.18

Das verdeckte EckblattAbb. 6: Das verdeckte Eckblatt [+]

Verdecktes Eckblatt

Das verdeckte Eckblatt ist die „schönere“ Variante zum obenen genannten einfachen Eckblatt, denn sie wird zum Ende hin (ca. 14 𝑜.16 der Breite des Holzes) auf Gehrung geschnitten. Dies verhindert, dass man auf das Hirnholz (Querschnitt des Holzes = Sicht auf Jahresringe) sehen kann, welches den Vorteil hat, dass es witterungsfester wird (in Längsrichtung nimmt Holz schneller Feuchtigkeit auf).19 Somit wird zum Vorteil des Witterungsschutzes und Aussehens die Stabilität gemindert.20

Das KreuzblattAbb. 7: Das Kreuzblatt [+]

Kreuzüberblattung

Bei der Kreuzüberblattung wird die Breite des Holzes auf das andere Werkstück übertragen und um die Hälfte der Dicke eingestemmt. Dies geschieht mittig in der Länge des Werkstückes, damit sich ein Kreuz bilden kann, dies muss nicht gleichschenklig sein. Diese Verbindung wird selten liegend verwendet, häufig jedoch aufrecht im Wandgefüge.21

 
Erstellung einer Kreuzüberblattung

Bei der Erstellung einer Kreuzüberblattung werden folgende Materialien benötigt:

Das Klopfholz
Abb. 8: Das Klopfholz [+]
Die Feinsäge (Dozuki)Abb. 9: Die Feinsäge (Dozuki) [+]
- Klopfholz (Abb. 8)
- Feinsäge (Abb. 9)
- Bleistift
- Winkel (Abb. 10)
- Streichmaß (Abb. 11)
- Stemmeisen (Abb. 12)
- Grundhobel (Abb. 13)
- Zwei Holzstücke (Abb.14)
Der Winkel
Abb. 10: Der Winkel [+]
Das Streichmaß
Abb. 11: Das Streichmaß [+]
Das Streichmaß

Abb. 12: Das Stemmeisen [+]
Der Grundhobel

Abb. 13: Der Grundhobel [+]
Die Hölzer/Werkstücke
Abb. 14: Die Hölzer/Werkstücke [+]

 

Bei der Auswahl des Holzes sollte darauf geachtet werden, dass sich weder Reste der Baumkante (Rinde) am Werkstück befinden, noch Risse im Holz zu finden sind. Außerdem sollten keine Äste in der Nähe der Verbindung liegen, da sie diese schwächen würden.

 siehe Abb. 14

1. Nachdem die Holzauswahl getroffen ist, müssen die Werkstücke gerichtet und ausgehobelt werden. Anschließend werden die Hölzer auf die gewünschte Länge abgelängt, also nach Länge zugeschnitten.

Position festlegenAbb. 15: Position festlegen [+] 2. Die Position der Hölzer wird festgelegt, rechtwinklig ausgerichtet und mit einem Bleistift markiert. Bei diesem Schritt sollte man auf Genauigkeit Wert legen, da von dieser Markierung aus alles Weitere erarbeitet wird.
Markieren Abb. 16: Markieren [+]

3. Die Markierungen werden überwinkelt. Mit Hilfe des Streichmaßes wird die Hälfte der Stärke des Holzes markiert.

Sägeführung Abb. 17: Sägeführung [+] 4. Nun sägt man das Werkstück bis zur Markierung (Hälfte des Werkstückes) ein. Achtung: Beim Sägen verläuft der Schnitt immer neben dem Strich (Markierung) auf der Seite die „wegfällt“.
Stemmen Abb. 18: Stemmen [+] 5. Nun kann von der Mitte aus das Holz grob weggestemmt werden.
Hobeln Abb. 19:   Hobeln [+] 6. Mit dem Grundhobel schafft man eine ebene Ausklinkung. Man stellt ihn auf die Tiefe der Ausklinkung ein.
Säubern Abb. 20: Säubern [+] 7. Meist sind die Kanten nicht ganz sauber, weshalb man mit einem schmalen Stemmeisen die unerwünschten Späne entfernt. Dies ist erforderlich, damit die Werkstücke sauber ineinandergreifen können.
Schleifen Abb. 21: Schleifen [+] 8. Die Stücke werden ineinandergesteckt und überprüft, ob die beiden Werkstücke bündig aufeinanderliegen. Gegebenenfalls muss nachgearbeitet werden. Anschließend wird geschliffen, um eine absolute Bündigkeit zu erzielen. Fertig ist eine saubere Kreuzüberblattung.

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Historische Holzbauwerke und Fachwerk // Schwerpunkt Wärme- und Feuchteschutz. Instandsetzen - Erhalten. Teil 1: Schwerpunkt Wärme- und Feuchteschutz, hg. v. DIETER ANSORGE, FRANK RINN, Instandsetzen, Erhalten / hrsg. von Dieter Ansorge u. Gerd Geburtig ; 1, Stuttgart 2008 [= Historische Holzbauwerke und Fachwerk, Instandsetzen, Erhalten / hrsg. von Dieter Ansorge u. Gerd Geburtig ; 1].
GERNER, MANFRED, Handwerkliche Holzverbindungen der Zimmerer, Stuttgart 1998.
GERNER, MANFRED; MÖHN, HANS-JÜRGEN, Entwicklung der Holzverbindungen. Forschungs- und Untersuchungsergebnisse ; mit einer Tabelle, Stuttgart 2000.
GRAUBNER, WOLFRAM; GRUNDER, WALTER; OLDENBOURG, LOUISE; SCHENKEL, KUMI, Holzverbindungen. Gegenüberstellungen japanischer und europäischer Lösungen, Stuttgart 2004.
HERZOG, THOMAS; WINTER, WOLFGANG, Holzbau Atlas, München, Basel 2013.
ULRICH KLEIN, Zum aktuellen Forschungsstand des hoch- und spätmittelalterlichen Holzbaus in Deutschland (ab 2011).
WITTCHEN, BERND; JOSTEN, ELMAR; REICHE, THOMAS, Holzfachkunde. Für Tischler/Schreiner und Holzmechaniker, Wiesbaden 2006.


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

1 BERND WITTCHEN, ELMAR JOSTEN, THOMAS REICHE, Holzfachkunde. Für Tischler/Schreiner und Holzmechaniker, Wiesbaden 2006, S. 290
2 Historische Holzbauwerke und Fachwerk // Schwerpunkt Wärme- und Feuchteschutz. Instandsetzen - Erhalten. Teil 1: Schwerpunkt Wärme- und Feuchteschutz, hg. v. DIETER ANSORGE, FRANK RINN, Instandsetzen, Erhalten / hrsg. von Dieter Ansorge u. Gerd Geburtig ; 1, Stuttgart 2008, S. 65
3 ebd.
4 MANFRED GERNER, HANS-JÜRGEN MÖHN, Entwicklung der Holzverbindungen. Forschungs- und Untersuchungsergebnisse ; mit einer Tabelle, Stuttgart 2000, S. 55
5 MANFRED GERNER, Handwerkliche Holzverbindungen der Zimmerer, Stuttgart 1998, S. 76
6 Zitiert nach: GERNER, MÖHN, S. 57
7 ebd., S. 57–58
8 Ein schräger Balken der das Dach stützt.
9 ULRICH KLEIN, Zum aktuellen Forschungsstand des hoch- und spätmittelalterlichen Holzbaus in Deutschland ab 2011, S. 22
10 ebd., S. 23| Bei der Zapfenverbindung wird ein Zapfen formschlüssig in das sogenannte Zapfenloch eingearbeitet.
11 ebd.
12 GERNER, MÖHN, S. 58–60
13 THOMAS HERZOG, WOLFGANG WINTER, Holzbau Atlas, München, Basel 2013, S. 108
14 GERNER, MÖHN, S. 60–61
15 GERNER, S. 77
16 ebd., S. 87
17 WOLFRAM GRAUBNER, WALTER GRUNDER, LOUISE OLDENBOURG u. a., Holzverbindungen. Gegenüberstellungen japanischer und europäischer Lösungen, Stuttgart 2004, S. 125
18 GERNER, S. 96
19 ebd., S. 97
20 GRAUBNER, GRUNDER, OLDENBOURG u. a., S. 126
21 GERNER, S. 115

 

Alle Abbildungen die in diesem Text verwendet wurden, sind von der Autorin 2018 angefertigt. Die Rechte liegen bei der Autorin Lara Strohalm.

 

Zitiervorschlag:
Strohalm, Lara (2018): „Holzverbindung“, in: urbs-mediaevalis.de/Studienportal/Bauteiltypologie, URL: http://www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/bautechnik/holzbauweise/ueberblattung.php

Autorengruppe: Studentinnen und Studentenletzte Aktualisierung dieser Seite: 25. Januar 2018
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