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Gestaltungselemente in Braunfels
Gestaltungselemente in Braunfels
Die Verwendung von Holz und Stein in der Architektur von Braunfels
Fragestellung
Welche Gestaltungselemente sind typisch für die Bauweise der Gebäude in Braunfels? Stehen diese unter regionalem Einfluss und in wie fern prägen diese Materialien - besonders Holz und Stein - bis heute das Stadtbild von Braunfels?
Diese Ausarbeitung befasst sich mit der Frage auf welche Gestaltungselemente aus Holz und Stein man in der Architektur von Braunfels stößt. In wie weit diese noch ihre Ursprünglichkeit haben und ob es einen regionalen Zusammenhang mit der Bauweise verschiedener Bauten von damals gibt. Dazu habe ich mich mit den Gebäuden in der Altstadt auseinandergesetzt und diese sowohl auf ihre Architektur wie auch auf die angewendeten Bausubstanzen untersucht.
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Befasst man sich mit dem Stadtkern von Braunfels und dessen Architektur stößt man immer wieder auf ursprüngliche Fachwerkbauten. Diese sind in ihrer Art der Gestaltung der Gefache alle unterschiedlich und dennoch ergibt sich dadurch ein harmonisches Gesamtbild. Die einzelnen Fachwerkhäuser sind von ihrer Art der Gestaltung nicht ortsspezifisch sondern haben einen überregionalen Einfluss, man trifft hier auf dieselben Motive in der Gestaltung der einzelnen Gefache, ebenso wie auch in anderen deutschen Städten. Auch wenn das Fachwerk hauptsächlich eine tragende Funktion hatte, erzählen die Gebäude durch die unterschiedlichen Hölzer ganz eigene Geschichten. So geben diese Gefache ihre ganz eigene Stadt- und teilweise Familiengeschichte wieder.
Am häufigsten trifft man in der Altstadt Braunfels auf diese Symbolik in der Fassadengestaltung:
Bild [2]: Der „Hessenmann“: Dieser hatte eine unheilabwehrende Funktion im Mittelalter. Die Form entwickelt sich durch die Verstrebung von Kopfwinkelhölzern mit verkürzten Kopfstreben und dreiviertel-geschosshohen Fußstreben. [+] |
Bild [3]: Die Raute: Die Raute ist ein Symbol für die Frau und steht für die Fruchtbarkeit. Sie tritt einzeln auf oder auch in einer rautenförmigen Ansammlung der Gefache. (siehe Türkenkreuz) [+] |
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Bild [4]: Das „Türkenkreuz“: Es soll auch schon wie die Raute die Fruchtbarkeit der Frau symbolisieren und steht durch die Anzahl mehrerer Rauten für viele Kinder. [+] |
Bild [5]: Der „Feuerbock“: Sollte das Haus vor möglichen Feuern beschützen. Zwei geschwungene, ineinander Verankerte Hölzer, die in der Mitte meist Verzierungen aufweisen. [+] |
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Bild [6]: Kreis mit Kreuz: Symbolisierte ein Stadtviertel, in diesem Fall die Stadtmitte. Der äußere Kreis steht für die Stadt, dieser wird durch ein Kreuz geviertelt und somit entstehen die verschiedenen Viertel. [+] |
Bild [7]: Der „Irminsul“: Der Baum des Lebens, steht symbolisch für ein langes und glückliches Leben. Die Streben reichen bis ins Dreiviertelgeschoss und sind leicht gebogen. Diese symbolisieren die Wurzeln des Baumes. Das ober Viertel bildet durch zwei stützende Streben die Äste des Baums. [+] |
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Bild [8]: Der „Dualismus“: Symbolisierte die Verbundenheit. Dieses Beispiel findet man am Rathaus von Braunfels direkt neben dem Grundstein des Gebäudes steht das geschwungene Symbol für die Verbundenheit der Bürger. [+] |
Der historische Stadtkern von Braunfels steht zum größten Teil unter Denkmalschutz. Dieser sorgte zwar für ein einheitliches Stadtbild, welches die architektonische Qualität des historischen Stadtkerns wieder zum Vorschein brachte, stellt die Bewohner der Stadt jedoch auch auf eine harte Probe. Denn die Kosten der Restaurierung der Gebäude und ihrer historischen Materialien und deren Aufarbeitung stellt eine finanzielle Herausforderung an die Hauseigentümer dar. So wird genau vorgeschrieben, welche Farben die sichtbaren Gefache der Fachwerkhäuser haben, wie die Dächer der Häuser gedeckt sein müssen und welche Fenster in das Gesamtbild passen. Dies sind nur einige Punkte die man bei einer Sanierung eines Denkmalgeschützen Gebäudes beachten muss.
Bild [9] Blick vom Marktplatz zum Schloss, historische Postkarte von 1939
Holz
Die Hölzer wurden mit Leinöl behandelt. Dieses machte sie beständig gegen die Witterung und verleite ihnen ihre dunkle Farbe. Die Zimmerer und Schreinermeister hatten auch im Mittelalter reichliche Erfahrungen im konstruktiven Holzschutz. Durch das Leinöl schufen sie die Voraussetzungen für eine lange Lebensdauer der von ihnen gefertigten Holzbauwerke. Historische Fertigungsweisen und die Materialien waren perfekt aufeinander abgestimmt – dies ist ein entscheidender Faktor für deren hohe Haltbarkeit. Die vermeintlich geringe Qualität der historischen Materialien wie Holz, Lehm, Kalk, Leinöl usw. wurde ausgeglichen durch die ideale Harmonie bei gegenseitiger Ergänzung deren Materialeigenschaften aber auch durch das hohe handwerkliche Können der Zimmerleute. Auch heute noch werden die Hölzer regelmäßig mit Leinöl behandelt um ihre Beständigkeit zu erhalten, und das bauliche Gesamtbild zu bewahren.
Zwischen die Gefache wurden Haseläste eingeflochten, ebenso wie ein Gemisch aus Tierhaaren oder Stroh. Diese Baustoffe wurden mit Lehm und Eiweiß, welcher als Kleber diente, vermengt. Oftmals wurde dieser Mischung Kuh- oder Pferdemist hinzugefügt. Dieser schützte die Holzbalken vor Schädlingen.
Am häufigsten wurde das Holz der Buche, der Eiche, der Fichte, oder Tanne für den Bau der Fachwerkhäuser eingesetzt. Diese hatten ein hohes Vorkommen in den Wäldern der Region rund um Braunfels. Die Grundlage der häufigen „Verwendung war der Waldreichtum, vor allem die Verbreitung der Eiche, die ein besonders hartes Holz ist. Allerdings waren die Wälder nicht Allgemeinbesitz, sondern gehörten zumeist der Herrschaft, also dem Adel - zum Teil auch den Städten. Dem Besitzer des Waldes oblag so zugleich die Kontrolle über die Nutzung des Holzes, zumal, wenn er an sicheren ständigen Einnahmen interessiert war"1.
Im Mittelalter wurden vorrangig Eichenhölzer zum Bau verwendet. Die Eigenschaften der verarbeiteten Hölzer, und deren Vorteile zeigte sich oft erst nach Jahrzehnten, Eichenholz wird durch die Jahre zunehmend fester und dichter, es ist sehr tragfähig und gut zu verarbeiten, außerdem hat Eichenholz eine große Widerstandsfähigkeit gegenüber Witterungseinflüssen und Schädlings- bzw. Schimmelbefall. „Fichte und Tanne liefern für viele Belange gut geeignete Bauhölzer. Sie drängen sich für Außenfachwerk aber nicht auf, da sie u.a. längst nicht so witterungsbeständig wie Lärche oderr Douglasie sind"2.
Schiefer
Fast alle Gebäude im historischen Stadtkern von Braunfels wurden damals ursprünglich mit Schiefer gedeckt, in der, wie es zu dieser Zeit üblich war, „Altdeutschen Deckung“. Das Hauptmerkmal der Altdeutschen Deckung ist die Verwendung von frei Hand zugerichteten schuppenförmigen Decksteinen. Das besondere an der Altdeutschen Deckung ist, dass durch die Variation an unterschiedlichen Steingrößen und Höhen eine besondere Oberfläche entsteht. Auch heute sind fast alle Häuser noch mit dieser ursprünglichen Art Dächer zu decken, jedoch konnten sich viele Anwohner keine Sanierung ihrer Dächer mit dem Ursprungsmaterial Schiefer leisten und mussten dadurch auf Kunststoff-Dachschindeln in Schieferoptik zurückgreifen.
Putz
Bis 1920 waren die historischen Gebäude der Innenstadt von Braunfels zum größten Teil mit Kalkputz verputzt. Dieser diente dem Brandschutz der damaligen Zeit. Erst danach wurden die einzelnen Balken sorgfältig freigelegt, um somit die historische Anmut der Altstadt von Braunfels wieder zu reaktivieren. Die verputzten Stellen zwischen den Gefachen werden aus Denkmalschutzgründen auch nach wie vor mit Kalkputzt versehen.
Stein
Zwei Rohstoffe, die man im heutigen Stadtbild von Braunfels immer wieder antrifft, sind der Basalt und der Diabas. Dies ist nicht ungewöhnlich, da nahe Braunfels bei Wetzlar, genauer in Beilstein, ein Steinbruch bis heute Basalt und Diabas abbaut. Auch schon im Mittelalter hat man die Vorteile dieser Gesteinsarten erkannt und sie beispielsweise zum Bau der Stadtmauer wie aber auch als Gebäudefundament eingesetzt.
Vor allem die Eigenschaft des Diabas, da er durch seine hohe Dichte und Zähigkeit besonders stabil und beständig ist, führte dazu, dass er oftmals zur Fundamentierung genutzt wurde. Diabas wurde auch zum Straßenbau im Mittelalter eingesetzt, zum Beispiel an Gebäudeecken in engen Gassen, um das Haus zu schützen, oder aber auch in den Ecken der Bordsteine, damit diese eine längere Beständigkeit haben.
Die Härte des Steins diente optimal für Bauten wie beispielsweise der Stadtmauer. Zur Abwehr der Gegner wurden die Steine in die Mauer mit eingebaut, um eine besonders hohe Stabilität zu erlangen. Der grünliche Stein trug lediglich einen Kratzer davon, wenn eine Kutsche zu schnell um die Kurve bog.
Basalt hingegen ist nicht so hart und dicht wie der Diabas, hat aber ein höheres Vorkommen in Braunfels, da er zu damaligen Zeiten leichter zu verarbeiten und zudem nicht so schwer war. Auf der Abbildung oben (Abb.10) sieht man das Hintertaler Tor, ein wichtiges Kulturdenkmal in Braunfels und ein Teil der Stadtmauer. Dieses Tor wurde im 15. Jahrhundert zum Schutz des Hintertales errichtet. „Dieses Wohngebiet entstand im 14. Jahrhundert als Bauern- und Handwerkersiedlung"3. |
Bild [10]: Hintertaler Tor, Burgweg 1 [+] |
An diesem Beispiel kann man sehen, wie mit Basalt und Diabas umgegangen wurde. Hier sieht man hauptsächlich die Verwendung von Bruchstein und Basalt, nur ab und zu sieht man einen grünlich wirkenden Stein, den Diabas in der Mauer. Dies lässt annehmen, dass der Stein damals mitunter zur Zierde in der Stadtmauer und dem Tor eingesetzt wurde. Am rechten Ende des Torbogens sieht man einen großen Stein aus Diabas, der die Bausubstanz des Torbogens vor Abbruch der Steine schützen sollte.
Materialkatalog der Gestaltungselemente in der Altstadt von Braunfels
Dieser Materialkatalog untersucht die Bausubstanz wichtiger Bauten in der Altstadt von Braunfels auf die Materialität der verschiedenen Bauelemente. Durch eine Erweiterung dieses Katalogs, ist es möglich den unterschiedlichen Bauwerken genau zuzuordnen, welches Material als Gestaltungselemente verarbeitet wurde. Dies könnte man mit einer genauen Kartierung der einzelnen Gebäude verbinden und dadurch jedes einzelne Bauwerk genau analysieren.
Fachwerkbauten | Holz | Putz | Schiefer | Basalt | Diabas |
Mauerwek | x | x | |||
Fassade | x | x | |||
Dach | x | x | |||
Öffnungen | x | x | |||
Straße | x | x |
Stadtmauer | Holz | Putz | Schiefer | Basalt | Diabas |
Mauerwek | x | x | |||
Fassade | x | x | |||
Dach | x | ||||
Öffnungen | x | ||||
Straße | x | x |
Hintertaler Tor |
Holz | Putz | Schiefer | Basalt | Diabas |
Mauerwek | x | x | |||
Fassade | x | x | |||
Dach | x | x | |||
Öffnungen | x | x | |||
Straße | x | x |
Resümee
Als Resümee lässt sich sagen, dass Braunfels und die Architektur der Stadt unter einem großen regionalen Einfluss steht. Durch die Lage Braunfels in mitten eines Waldgebietes und des nahen Basalt- und Diabas-Abbau in Wetzlar wurden die Häuser geprägt. Wie auch in vielen anderen Mittelalterstädten kann man hier den regionalen Bezug stark erkennen.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Braunfels - das Buch zur Stadt : mit farbigem Stadtführer und Plan; Geschichte mit historischen Aufnahmen; hrsg. von Bettina und
Rainer Wälde. [Text: Rainer Wälde]
Schloss Braunfels / Text: Johannes Graf von Oppersdorff Solms-Braunfels; Peter Schlagetter-Bayertz
Braunfelser Chronik / [von Karl-Heinz Schellenberg]
Golf-Club Schloss Braunfels e.V. : 1971 - 2011 / [Hrsg.: Golf-Club Schloss Braunfels e.V. Red.- Leitung und Koordination: Christina Kling-Haag]
Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der neuen St.Anna Kirche in Braunfels: 1959-2009/ Hrsg.: Kath. Kirchengemeinde St. Anna Braunfels/Solms. Red.: Kurt Habermann
Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis
1 Der spätmittelalterliche Fachwerkbau in Hessen, G. Ulrich Großmann
2 http://www.arbeitskreis-fachwerk.de/infos-know-how/fachwerkhaus-1-x-1/holz-fuer-das-fachwerk/geeignete-holzarten/
3 Braunfels, das Buch zur Stadt, Herausgeber: Bettina und Reiner Wälde
Bild [1]: Schloss Braunfels, Gemälde von Johannes Deiker, 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
Bild [2-8]: Exkursion Braunfels, Altstadt, Fotos: Laura-‐Sophie Knapp
Bild [9]: Blick vom Marktplatz zum Schloss, historische Postkarte von 1939, Foto: unbekannter Fotograf
Bild [10]: Foto Marburg (1969), Aufnahme-Nr. 425.905; Bilddatei fm425905 Microfiche-Scan mi12624c11; Veröffentlicht mit Genehmigung von Bildarchiv Foto Marburg.
Tabelle [1-3] Materialkatalog der Gestaltungselemente in der Altstadt von Braunfels, Laura-‐Sophie Knapp
Zitiervorschlag:
Knapp, Laura-Sophie (2015): „Gestaltungselemente in Braunfels“, in: urbs-mediaevalis/Stadttopographie/Braunfels, URL:
letzte Aktualisierung dieser Seite: 26. August 2015 Autorin(nen) oder Autor(en): Laura-Sophie Knapp, B.A. PDF |