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8 Bauanalyse, stilistische Einordnung und Datierung

8.4.2.2.2 Kapitelle und Konsolen

 
Die Kapitelle des Alsfelder Chores sind mit Laubwerk geschmückt. Die Blätter „fluten in langen Wedeln“, so wie es Weigert als Kennzeichen der Laubkapitelle um 1400 beschreibt.286
Die Blätter haben unterschiedliche Formen. Für einige der Alsfelder Chorkapitelle kann erneut die mit Eichenblättern geschmückte Freipfeilerkonsole der Südportalhalle am Prager Veitsdom als Vorbild genannt werden (Abb. 240). Auch in Alsfeld sind die Blätter mehrerer Kapitelle wohl als Eichenblätter gedacht, denn es sind Eicheln zu erkennen (Abb. 251).
 
 
Abb. 240: Prag, Veitsdom, Südportalhalle, Blattkonsole [+]   Abb. 251: Walpurgiskirche, Chor, Dienstkapitell [+]

 

Ein Kapitell auf der Nordseite des Chores (Abb. 252) zeigt große Übereinstimmung mit einem Kapitell des Westportals in Homberg/Efze, das nach 1374 geschaffen wurde (Abb. 253).287 Je zwei Blätter entspringen aus einem kurzen, schräggestellten Aststückchen. Die dünnen, parallel geführten Blattstängel tragen große Blätter, deren Wedel sich zu einer einzigen Masse verschlingen, aus der in der Mitte ein Blattteil nach außen überlappt. Während die Blätter im unteren Teil flach auf dem Kapitellkörper aufliegen, werden sie zum oberen Rand hin immer mächtiger und bilden so die Kelchform des Kapitelles.
 
 
Abb. 252: Walpurgiskirche, Chor, Dienstkapitell [+]   Abb. 253: Homberg/Efze, Stadtpfarrkirche, Westportal, Kapitell [+]

 

An der nördlichen und südlichen Chorwand in Nähe der Chorpfeiler tragen zwei ausdrucksvoll gestaltete Kopfkonsolen die Runddienste. Beide Gesichter sind als Blattmasken ausgebildet, ein in der Gotik sehr beliebtes Bauornament, das hauptsächlich an Konsolen und Schlusssteinen Verwendung findet und sich in der Kunstregion in zahlreichen Spielarten zeigt.

Das  Gesicht der nördlichen Konsole ist zu einer Grimasse mit gefletschten Zähnen verzogen (Abb. 254). Die Blätter sind von langgezogener, dreieckiger Grundform mit gezackten Rändern, so wie sie teilweise auch auf den Chorkapitellen zu sehen sind. 

Die südliche Konsole ist schmaler, was sicherlich auch ihrer Stellung im Winkel zwischen Chorpfeiler und südlicher Chorwand geschuldet ist (Abb. 255). Sie steht diagonal wie der darunterliegende Bündeldienst. Ihre Blätter sind rundbogig und gebeult, auch hierfür finden sich Beispiele an den Kapitellen des Chorpolygons. 
In ihrer Qualität sind die Laubkapitelle und Blattmasken im Inneren des Chores den  Büstenkonsolen der Strebepfeiler nicht vergleichbar.
 
 
Abb. 254: Walpurgiskirche, Chor, nordwestliche Kopfkonsole [+]   Abb. 255: Walpurgiskirche, Chor, nordöstliche Kopfkonsole [+]

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Behling 1964. Behling, Lottlisa: Die Pflanzenwelt der mittelalterlichen Kathedralen, Köln [u.a.] 1964

Dehio-Cremer I 2008. Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hessen I, Regierungsbezirke Gießen und Kassel, bearb. von Folkhard Cremer, München [u.a.] 2008

Weigert 1943. Weigert, Hans: Das Kapitell in der deutschen Baukunst des Mittelalters, Halle 1943 (Die Gestalt, Bd. 11)


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

286 Weigert 1943, S. 56
287 Dehio-Cremer I 2008, S. 433
 
Abb. 240: Behling 1964
Abb. 251-255: Schmelz, Annette 2008

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

 

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

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