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8 Bauanalyse, stilistische Einordnung und Datierung

8.3.4 Das nördliche Seitenschiff - stilistische Einordnung und Datierung

 
Als Vorbilder für die Verbreiterung des nördlichen Seitenschiffes der Walpurgiskirche könnten die Langhäuser der Friedberger Stadtkirche oder des Frankfurter Domes gedient haben. Auch das Maßwerk eines Fensters in Alsfeld könnte sich Frankfurter Formen verdanken.

Für eine Datierung der Umbaumaßnahmen in Alsfeld nicht vor 1370 sprechen die parlerischen Maßwerkformen im westlichen Fenster der Nordseite, die vielleicht über Erfurt nach Alsfeld vermittelt wurden. Auch das Gewände des Nordportales passt stilistisch in diesen Zeitrahmen, zeigt es doch enge Verwandtschaft mit dem um 1370 erbauten Westportal der Friedberger Stadtkirche. Der Beginn der Umbaumaßnahmen am nördlichen Seitenschiff der Walpurgiskirche könnte in die siebziger Jahre des 14. Jahrhunderts fallen.

Wie die schriftlichen Quellen zeigen, waren im Sommer 1379 Umbaumaßnahmen im Gange, wohl an nördlichem Seitenschiff und Sakristei. Der Umbau der Sakristei wird ausweislich der wiederverwendeten Fenster des abgebrochenen frühgotischen Seitenschiffes erst im Anschluss an die Erweiterung des nördlichen Seitenschiffes erfolgt sein. Die Baumaßnahmen sind sicher in engem zeitlichem Zusammenhang zu sehen, die Baunaht im Bereich der Sakristei ist wohl nicht im Sinne einer längeren Bauunterbrechung zu deuten. Die Umbaumaßnahmen an der Sakristei dürften  deutlich vor Beginn des Chorneubaus 1393 abgeschlossen gewesen sein, die Baumaßnahmen am nördlichen Seitenschiff entsprechend früher, vielleicht in den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts.

Den im Kapitel 8.2.2 angestellten Überlegungen zufolge befand sich im Osten des nördlichen Seitenschiffes der 1371 gestiftete Annen- und Johannesaltar. Aufgrund der ermittelten Daten für den Umbau des nördlichen Seitenschiffes ist anzunehmen, dass dieser Altar seine Aufstellung noch im frühgotischen Seitenschiff fand.
Die östlichen Schlusssteine des umgebauten Seitenschiffes nehmen auf den Altar inhaltlich Bezug (Abb. 79 und 80). Ihr Figurenschmuck entspricht in seiner Stilstufe dem Bauschmuck des Langhauses. Die Profilierung der Schlusssteine und der Rippen folgt der Formensprache im südlichen Seitenschiff. Es erscheint gut möglich, dass auch das nördliche Seitenschiff bauzeitlich gewölbt wurde.
 
 
Abb. 79: Walpurgiskirche, Nordseitenschiff, zweiter Schlussstein von Osten [+]   Abb. 80: Walpurgiskirche, Nordseitenschiff, östlicher Schlussstein [+]

 


Abbildungsverzeichnis

Abb. 79, 80: Schmelz, Annette 2008

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

 

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

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