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8 Bauanalyse, stilistische Einordnung und Datierung

8.1.1.2.1 Basen

 
Die Basen liegen heute wieder unter Fußbodenniveau, doch sind sie durch ein Foto (Abb. 121) und die Schemazeichnung Michlers (Abb. 122) bekannt. Ihr einfaches Profil wird gebildet aus zwei Wulsten unter Fortfall der Kehle, der untere Wulst ist weit ausladend und leicht flachgedrückt.
 
 
Abb. 121: Walpurgiskirche, Bündeldienst des alten Chores in der NW-Ecke,
Aufnahme während der Ausgrabung 1971/72 [+]
  Abb. 122: Walpurgiskirche, Basisprofil des Bündeldienstes in der NW-Ecke,
Zeichnung von Michler [+]

 

Die antike Form der attischen Basis, die auch den Alsfelder Chordienstbasen zugrunde liegt, erfuhr im Verlauf der Gotik eine Wandlung. Der obere Wulst scheint immer weiter in die Kehle einzusinken, bis schließlich beide Wulste unter Fortfall der Kehle zu einer neuen Form zusammenzuwachsen scheinen.145 Dieser Formenwandel lässt sich gut an der Marburger Elisabethkirche beobachten, deren einzelne Bauphasen dendrochronologisch datiert sind (Abb. 123).146 
Ein Vergleich mit den Basisprofilen der Marburger Elisabethkirche und des Arnsburger Kapitelsaales soll helfen, Hinweise zur Datierung der Alsfelder Chordienstbasen zu gewinnen.
Michler leitet deren Profilierung vom Arnsburger Kapitelsaal her,147 doch hat die Alsfelder Basis wenig gemein mit den Arnsburger Basen. Diese sind durch eine tiefe Hohlkehle gekennzeichnet, die den weit ausladenden unteren Wulst und den schwachen oberen Karnies trennt (Abb. 115). Die Arnsburger Basis entspricht somit recht genau dem Pfeilerbasisprofil der Marburger Elisabethkirche in der Ostkonche (Abb. 116 und 123), welches in die erste Bauphase bald nach 1235 zu datieren ist.148
 
   
Abb. 123: Marburg, Elisabethkirche, Pfeilerbasisprofile in den vier Bauphasen von Osten
nach Westen, Zeichnung von Michler, Jahreszahlen von der Verfasserin nach Michler 1984 [+]
  Abb. 115: Kloster Arnsburg, Kapitelsaal, Bündelpfeiler [+]   Abb. 116: Marburg, Elisabethkirche, Bündeldienst im Chor [+]

 

Im östlichen Bauabschnitt des Langhauses der Elisabethkirche dagegen, der in die Zeit zwischen 1244 und 1248 datiert wird,149 scheinen unterer Wulst und Karnies unter Verzicht auf die Kehle zusammengewachsen (Abb. 123 und 124). Auch wenn das aus zwei Wulsten gebildete Profil der Alsfelder Chorbasen einfacher gestaltet ist als das Profil aus Wulst und Karnies in Marburg, so erfüllen doch beide das Kriterium der Verschleifung. Die Bauzeit des alten Alsfelder Chores rückt somit in zeitliche Nähe zum entsprechenden Bauabschnitt der Elisabethkirche.

Abb. 124: Marburg, Elisabethkirche, Langhaus, Basen des 2. und 3. Pfeilerpaares
von Osten. Rechts: Bauzeit etwa 1244-48, links: Bauzeit ab 1265. [+]

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Zeichnungen der Ausgrabung 1971/72 Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Außenstelle Marburg, Archiv der Abteilung Baudenkmalpflege

Michler 1972. Michler, Jürgen: Die Walpurgiskirche zu Alsfeld. Ihre Baugeschichte und kunstgeschichtliche Einordnung, in: Festschrift zur 750-Jahr-Feier der Stadt Alsfeld, Alsfeld 1972, S. 65-99

Michler 1984. Michler, Jürgen: Die Elisabethkirche zu Marburg in ihrer ursprünglichen Farbigkeit, Marburg 1984 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, Bd. 19)


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

145 Michler 1972, S. 76
146 Michler 1984, S. 29-37
147 Michler 1972, S. 76
148 Michler 1984, S. 30-32. Der Arnsburger Kapitelsaal wird hingegen nicht vor Mitte des 13. Jahrhunderts datiert. (Dehio-Cremer I 2008, S. 35)
149 Michler 1984, S. 35
 
Abb. 115, 116, 124: Schmelz, Annette 2008
Abb. 121, 122, 123 (von der Verfasserin um Jahreszahlen ergänzt): Michler 1972 

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche
Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

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