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7 Baubeschreibung

7.2.7 Ausstattung

 
Die Aufzählung  der  Ausstattungsstücke muss auf eine Auswahl beschränkt bleiben. Mehrere erwähnenswerte Epitaphien der Barockzeit beispielsweise sollen nicht Gegenstand der Beschreibung sein.
Chronologisch an erster Stelle zu nennen ist der romanische Taufstein, der unter Rundbogenarkaden Szenen aus dem Leben Jesu zeigt. Obwohl er stark verwittert ist,  lässt eine Inschrift am oberen Rand noch Worte des Credo erkennen (Abb. 93).
 
 
Abb. 93: Walpurgiskirche, romanischer Taufstein [+]   Abb. 94: Walpurgiskirche, Chorgestühl [+]
     
 
Abb. 95: Walpurgiskirche, Chorgestühl, Detail Maßwerkrosette [+]   Abb. 96: Lemgo, St. Nikolai, Hallenchorjoch, Südfenster, Zeichnung von Binding [+]

 

An der südlichen Chorwand haben die erhaltenen Teile des hölzernen Chorgestühls ihre Aufstellung gefunden. Die geschnitzte Wange zeigt einen Bischof im Ornat, der mit seinem Bischofsstab einen Drachen abzuwehren scheint. Dieser schlängelt sich frei herausgearbeitet an dem konkaven Abschluss des Chorgestühls empor (Abb. 94). Der Bischof steht auf einem Maßwerkfenster, über seinem Kopf befindet sich eine Maßwerk-Rosette (Abb. 95). Mit ihren drei zweibahnigen Lanzetten, deren Durch-schneidung in der Mitte einen Stern mit eingeschriebenem Sechspass bildet, greift sie Formen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts wieder auf.128 Das Chorgestühl scheint für den neugebauten Chor geschaffen worden zu sein, es wird datiert in die Zeit um 1400.129

An der nördlichen Chorwand im Polygon befindet sich ein Sakramentstabernakel. Sein oberer Abschluss schneidet das Kaffgesims, das an dieser Stelle abgearbeitet wurde. Das Tabernakel ist aus Sandstein gearbeitet, das farbig gefasste Tympanon130 zeigt die Kreuzigung Christi (Abb. 97). Über einem kielbogigen Wimperg ist Maßwerk mit Fischblasen zu sehen, in das die Arma Christi eingestellt sind. Das Sakraments-häuschen steht auf einer blattgeschmückten Konsole, die einmal mehr das Schaufuß-Wappen zeigt. Das Tabernakel wird mit einem Werk des Tyle von Frankenberg in Verbindung gebracht, das sich in der Klosterkirche in Haina befindet (Abb. 98).131 Das Hainaer Tabernakel stammt aus der Zeit zwischen 1378 und 1383,132 so dass für das Alsfelder Tabernakel eine Entstehungszeit in der Zeit des Chorneubaus um 1400 angenommen werden kann. Die Datierung wird gestützt durch die Form des Blendmaßwerkes im Alsfelder Tabernakel. Auf der linken Seite erkennt man zwei miteinander verschmolzene Fischblasen, eine typisch parlerische Form.
 
 
Abb. 97: Walpurgiskirche, Sakramentstabernakel [+]   Abb. 98: Haina, Klosterkirche, Sakramentstabernakel [+]

 

Der spätgotische Schnitzaltar zeigt in fünf Feldern Szenen aus dem Leben Christi, in der Mitte eine vielfigurige Kreuzigung (Abb. 99). Auch er trägt das Schaufuß-Wappen. Die gemalten Seitenflügel befinden sich heute im Museum.133
Die durchweg als qualitätsvoll bewerteten,134 farbig gefassten und knapp lebensgroßen Figuren einer spätgotischen, geschnitzten Kreuzigungsgruppe fanden 1913/14 ihre Aufstellung auf dem unterhalb des Triumphbogens neu eingefügten Querbalken (Abb. 100).135
 
 
Abb. 99: Walpurgiskirche, spätgotischer Hochaltar [+]   Abb. 100: Walpurgiskirche, spätgotische Kreuzigungsgruppe [+]

Die hölzerne, architektonisch aufgebaute Kanzel mit Schalldeckel ist eine Kopie (Abb. 101 und 102), das 1618 von Michael Finck geschaffene Original verbrannte 1913 in der Werkstatt des Restaurators.136
 
 
Abb. 101: Walpurgiskirche, Kanzel, Schalldeckel [+]   Abb. 102: Walpurgiskirche, Kanzelkorb [+]
 

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Becker 1906. Becker, Eduard E.: Aus der Baugeschichte der Walpurgiskirche zu Alsfeld, in: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins der Stadt Alsfeld, 1, 1906, Nr. 8, abgedruckt in: Hundert Jahre Mitteilungen des Geschichts- und Museumsvereins Alsfeld 1902 – 1922, hrsg. von Monika Hölscher, Alsfeld 2001, S. 81-86

Binding 1989. Binding, Günther: Maßwerk, Darmstadt 1989

Dehio-Backes 1982. Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hessen, bearb. von Magnus Backes, München [u.a.] 21982

Friedrich 1987. Friedrich, Arnd: Kloster Haina, Königstein 1987

Meyer-Barkhausen 1927. Meyer-Barkhausen, Werner: Alsfeld, Marburg 1927 (Alte Städte in Hessen, Bd. 1)

Walbe 1913-1928. Walbe, Heinrich: Baudenkmäler in der Provinz Oberhessen, in: Jahresbericht der Denkmalpflege im Volksstaat Hessen, 4a, 1913-1918, S. 149-308

Zietz 2002. Zietz, Peer: Stadt Alsfeld, Stuttgart 2002 (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland : Kulturdenkmäler in Hessen : Vogelsbergkreis, Bd. 1)


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

128 vgl. beispielsweise die Rose im Südfenster des Hallenchorjoches der St.-Nikolai-Kirche in Lemgo, um 1350/60 (Abb. 96) (Binding 1989, S. 308)
129 Dehio-Backes 1982, S. 9
130 Meyer-Barkhausen kritisierte bereits 1927: „Leider durch den roten Anstrich, der die Feinheiten der Skulptur verdeckt, statt sie hervorzuheben, und durch den ungünstigen Platz stark beeinträchtigt.“ (Meyer-Barkhausen 1927, S. 21)
131 Ähnliche Tabernakel finden sich auch in der Liebfrauenkirche in Frankenberg, in der Stiftskirche Wetter, in der Marienkirche Gelnhausen und in der Marburger Pfarrkirche St. Marien.
132 Friedrich 1987, S. 167
133 Der momentane Aufstellungsort des Altaraufsatzes auf der Empore im Chorscheitel ist nicht als glücklich zu bezeichnen. Er steht im Gegenlicht, ist den Blicken der Betrachter entzogen und mindert den Lichteinfall durch die Chorfenster.
134 Zietz 2002, S. 84, Dehio-Backes 1982, S. 9
135 Walbe 1913-1928, S. 157-158
136 Im Stadtmuseum Alsfeld befindet sich ein Arbeitsheft des damaligen Bauleiters Kuhlmann, das neben vielen Skizzen detailiert über den Fortgang der Arbeiten berichtet. Ausgewertet in „Mengel, Karl A.: Die Kanzel der Walpurgiskirche zu Alsfeld, in: Mitteilungen des Geschichts- und Museumsvereins Alsfeld, 16, 1999, Nr. 5, S. 225-248“.
 
Abb. 93, 94, 97, 98: Bildarchiv Marburg
Abb. 95, 99, 101, 102: Schmelz, Annette 2008
Abb. 96: Binding 1989
Abb. 100: Prometheus Bildarchiv

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche
Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

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