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7 Baubeschreibung
7.2.2 Südliches Seitenschiff
Das südliche Seitenschiff ist nur etwa 4,66 m breit,108 doch sein Scheitelpunkt liegt über den Scheitelpunkten des Mittelschiffes und des breiteren nördlichen Seitenschiffes (Abb. 66). Die Joche sind nahezu quadratisch, jedoch nicht rechtwinklig, da die Achsen der kantonierten Pfeiler und der Strebepfeiler gegeneinander verschoben sind (Abb. 55).
Abb. 66: Walpurgiskirche, Querschnitt durch das Langhaus nach Osten, Zeichnung von Michler [+] |
Abb. 55: Walpurgiskirche, Grundriss von Grossmann [+] |
Die seitenschiffsseitigen Dienstkapitelle der kantonierten Pfeiler werden nicht vom Kapitellband des Pfeilers umkröpft, sie wurden offensichtlich im Rahmen eines Umbaus tiefer angebracht (Abb. 66 bis 68).109 Über einem ungeschärften Halsring erhebt sich das ungeschmückte Dienstkapitell, ein profiliertes Polygon schafft die Überleitung zu einem wenig ausgearbeiteten Kämpfer. Die Kanten eines Kubus sind abgefast, so dass Dreiecke entstehen, die aus dem Polygon überleiten.
Abb. 67: Walpurgiskirche, Pfeilerkämpfer C2 von Osten, sekundär tiefer angesetztes Seitenschiffskapitell (links) [+] |
Abb. 68: Walpurgiskirche, Pfeilerkämpfer C2 von Osten, sekundär tiefer angesetztes Seitenschiffskapitell (links), Zeichnung von Michler [+] |
An der Seitenschiffswand werden die Jochgrenzen durch Dreivierteldienste markiert.110 Alle Dienste haben den gleichen polygonalen Sockel, der sich zweifach durch profilierte Schrägen verjüngt (Abb. 69). Die kelchförmigen Kapitelle steigen über einem Halsring auf und schließen mit Kehle und Plättchen, darüber erhebt sich der profilierte, polygonale Kämpfer (Abb. 70). Die Höhe der Dienste von etwa 2,08 m111 korrespondiert mit der Höhe ihrer Pendants an den kantonierten Pfeilern.
Der Dienst in der südöstlichen Ecke des Seitenschiffes jedoch endet erst oberhalb der Empore in einem Kapitell, das die Gewölbeanfänger trägt. Der zweite Dienst von Osten endet wie beschrieben in einem Dienstkapitell, doch beginnt auf dessen Kämpferplatte unvermittelt ein Runddienst, der ebenfalls über die Empore hinaus steigt und dort in einem zweiten Kapitell endet, das den Gurt und die Rippen des Gewölbes trägt. Die Kapitelle entsprechen in ihren Formen den Kapitellen unter der Empore (Abb. 71).
Der Dienst in der südöstlichen Ecke des Seitenschiffes jedoch endet erst oberhalb der Empore in einem Kapitell, das die Gewölbeanfänger trägt. Der zweite Dienst von Osten endet wie beschrieben in einem Dienstkapitell, doch beginnt auf dessen Kämpferplatte unvermittelt ein Runddienst, der ebenfalls über die Empore hinaus steigt und dort in einem zweiten Kapitell endet, das den Gurt und die Rippen des Gewölbes trägt. Die Kapitelle entsprechen in ihren Formen den Kapitellen unter der Empore (Abb. 71).
Abb. 69: Walpurgiskirche, südliche Seitenschiffswand, Dienstsockel [+] | Abb. 70: Walpurgiskirche, südliche Seitenschiffswand, Dienstkapitell unterhalb der Empore [+] |
Abb. 71: Walpurgiskirche, östliche Ecke des Südseitenschiffes [+] |
Über eine Treppe in der Südwestecke der Kirche gelangt man auf die Empore. Hier fällt auf, wie schmal das südliche Seitenschiff ist (Abb. 72). Der Raum wird noch verengt durch die Strebepfeiler der frühgotischen Basilika, die auf den Kämpfern der kantonierten Pfeiler beginnen und etwa 0,57 m in den Raum ragen.112 Kurz unterhalb der Sohlbank der basilikalen Obergadenfenster verjüngen sie sich beidseitig. Eine Kerbe in der Obergadenwand des westlichen Joches verrät, dass hier das Pultdach des basilikalen Seitenschiffes an die Mauer heranlief (Abb. 73).
An der Stirnseite der ehemaligen Strebepfeiler liegen polygonale, mehrfach profilierte Konsolen, auf denen das vierteilige Kreuzrippengewölbe aufsetzt. Sie entsprechen in ihren Formen den Konsolen im Osten der südlichen Seitenschiffswand (Abb. 74). Im westlichen Joch setzt das Gewölbe dagegen auf den beschriebenen Dienstkapitellen auf (Abb. 72). Ohne die Geschossteilung durch die hölzerne Empore würde das südliche Seitenschiff wie ein Raumschacht wirken. Die Kämpferpunkte des Gewölbes tragen der Enge des Raumes Rechnung. Sie liegen wesentlich höher als im Mittelschiff, so dass die Gurte und Rippen nur leicht gestelzt sind (Abb. 66). Im Unterschied zum Mittelschiff sind sie vom Kämpfer an beidseitig gekehlt.
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Abb. 72: Walpurgiskirche, Südseitenschiff oberhalb der Empore, nach Osten [+] Abb. 74: Walpurgiskirche, Gewölbekonsole an der südlichen Seitenschiffswand [+] |
Abb. 73: Walpurgiskirche, Obergadenwand, vom Südseitenschiff aus [+]
Literatur- und Quellenverzeichnis
Großmann 1960. Großmann, Dieter: Alsfeld, München [u.a.] 1960
Michler 1972. Michler, Jürgen: Die Walpurgiskirche zu Alsfeld. Ihre Baugeschichte und kunstgeschichtliche Einordnung, in: Festschrift zur 750-Jahr-Feier der Stadt Alsfeld, Alsfeld 1972, S. 65-99Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis
108 Maße auf dem handgezeichneten Riss der Ausgrabung 1971/72 vermerkt.
109 Für die Beschreibung zugrundegelegt wird das Kapitell des südwestlichen Pfeilers, das als einziges im Originalzustand verblieb, die anderen Kapitelle wurden 1913/14 erneuert. (Michler 1972, S. 89-90)
110 Anstelle des mittleren Dienstes befindet sich heute ein Epitaph an der südlichen Seitenschiffswand.
111 Messung der Verfasserin
109 Für die Beschreibung zugrundegelegt wird das Kapitell des südwestlichen Pfeilers, das als einziges im Originalzustand verblieb, die anderen Kapitelle wurden 1913/14 erneuert. (Michler 1972, S. 89-90)
110 Anstelle des mittleren Dienstes befindet sich heute ein Epitaph an der südlichen Seitenschiffswand.
111 Messung der Verfasserin
112 Messung der Verfasserin
Abb. 55: Grossmann 1960
Abb. 66: Michler 1972
Abb. 67-74: Schmelz, Annette 2008
Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche Alsfeld“, in: www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php
letzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019 Autorin(nen) oder Autor(en): Schmelz, Annette PDF |