urbs-mediaevalis.de

7 Baubeschreibung

7.1.3 Langhaus-Nordseite

 
Das nördliche Seitenschiff hat wie das südliche Seitenschiff vier Joche, doch wird dies im Außenbau nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Die vier Joche und die östlich anschließende Sakristei bilden eine einheitliche Front, die von drei Walmdächern überfangen wird. Die Dächer dritteln den Baukörper, wodurch die Jochgrenzen überspielt werden (Abb. 12 und 41).
 
Walpurgiskirche,
 Nordansicht   Walpurgiskirche,
 Nordansicht
Abb. 12: Walpurgiskirche, Nordansicht [+]   Abb. 41: Walpurgiskirche, Nordansicht [+]

 

Der Eindruck eines einheitlichen Baukörpers wird gestützt durch den mächtigen Sockel und das Kaffgesims, die nördliches Seitenschiff und Sakristei gleichsam optisch zusammenbinden. Das stark verwitterte Sockelprofil zeigt einen Rundstab zwischen Kehlen, abgesetzt von Plättchen (Abb. 42). Das Kaffgesims ist ebenso stark profiliert. Seine Schräge ist abgefast, es wird unterschnitten von einem kräftigen Wulst und einer tiefen Kehle, ein Rundstab schließt das Gesims nach unten ab (Abb. 43).  Sockel und Kaffgesims verspringen, um das nach Osten abfallende Gelände auszugleichen.
 
Walpurgiskirche,
 Nordseite,
 Sockel   Walpurgiskirche,
 Nordseite,
 Kaffgesims
Abb. 42: Walpurgiskirche, Nordseite, Sockel [+]   Abb. 43: Walpurgiskirche, Nordseite, Kaffgesims [+]

 

Die von den Dächern negierten Jochgrenzen sind deutlich markiert durch die Strebepfeiler. Diese sind dreifach gegliedert durch den sich verkröpfenden Sockel, durch das sich ebenfalls über die Strebepfeiler verkröpfende Kaffgesims und einen Wasserschlag an der Stirnseite.

Im zweiten Joch von Westen führt ein spitzbogiges Portal in die Kirche, das sich durch eine besonders reiche Profilierung auszeichnet (Abb. 44 und 45). Das Sockelprofil wird beiderseits des Portalgewändes in einem  rechten Winkel nach unten geführt, so dass seine nun senkrecht verlaufende Profilierung das Gewändeprofil der Tür ergänzt. Das profilierte Kaffgesims verkröpft sich über dem Spitzbogen der Tür, so dass die Tür auch im Bereich des Spitzbogens eine verdoppelte Profilierung zeigt.
 
 
Walpurgiskirche,
 Nordportal   Walpurgiskirche,
 Nordportal,
 nach Mengel
Abb. 44: Walpurgiskirche, Nordportal [+]   Abb. 45: Walpurgiskirche, Nordportal, Zeichnung von Mengel [+]

 

Die zweibahnigen Maßwerkfenster sind von unterschiedlicher Länge. Im zweiten Joch von Westen bedingt das Nordportal eine Verkürzung des Fensters, in den anderen Jochen  ist  die  differierende  Fensterlänge  dem  Versprung  des  Kaffgesimses geschuldet.

Die westliche Wand des nördlichen Seitenschiffes zeigt Spuren baulicher Veränderungen (Abb. 46). Links neben der Tür befindet sich eine Nische mit einem Schulterbogen. Das Kaffgesims bricht nördlich der Nische ab, doch lässt sich eine Steinlage in Gesimshöhe verfolgen bis zu einem Fragment des Kaffgesimses im Winkel zum Westturm. Entweder befand sich an dieser Wand ursprünglich keine Tür, oder das Gesims verkröpfte sich um diese wie am Nordportal. Da der Zugang von Westen durch das von der Turmhalle überwölbte Westportal erfolgte,  kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Tür zu einem späteren Zeitpunkt eingebrochen wurde.96 Mitte des 20. Jahrhunderts befand sich hier ein höher gelegener Eingang, der über eine Treppe zu erreichen war (Abb. 47).
 
Walpurgiskirche,
 Nodseitenschiff,
 Westwand   Walpurgiskirche,
 Nordseitenschiff,
 Westwand
Abb. 46: Walpurgiskirche, Nordseitenschiff, Westwand [+]   Abb. 47: Walpurgiskirche, Nordseitenschiff, Westwand, Aufnahme aus den 1950er
Jahren [+]

 

Bis in Höhe des zweiten Wasserschlages besteht die Wand aus den gleichen großen Quadern wie der diagonal gestellte Strebepfeiler an der Ecke des Gebäudes, auch die Steinlagen stimmen überein. Während das nördliche Seitenschiff weitgehend aus Großquaderwerk errichtet wurde, bestehen der obere Teil der Westwand sowie das Obergeschoss der Sakristei aus unregelmäßigem Mischmauerwerk, wofür ökonomische Gründe ausschlaggebend gewesen sein dürften.
 
 
 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Gilsa/Leusler 1664. Gilsa, Moritz von/Leusler, Heinrich: Chorographia. Ausführliche und gründliche Beschreibung der Stadt und Bezirks Alßfeldt im Ober-Fürstentum Hessen gelegen, 1664, in: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins der Stadt Alsfeld, 5, 1918-1925, Nr. 14-21, S. 82-162

Großmann 1960. Großmann, Dieter: Alsfeld, München [u.a.] 1960

Zietz 2002. Zietz, Peer: Stadt Alsfeld, Stuttgart 2002 (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland : Kulturdenkmäler in Hessen : Vogelsbergkreis, Bd. 1)

Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

96 Die Chorographia bestätigt, die kleinere Tür in Richtung des Brauhauses, das sich nordwestlich der Kirche befand, sei „allererst in Anno 16.. [die letzten Ziffern fehlen, Hinweis der Verfasserin] gebrochen und erbauet worden.“ (Gilsa/Leusler 1664, S. 113)
 
Abb. 12, 47: Bildindex Marburg
Abb. 41: Zietz 2002
Abb. 42, 43, 44, 46: Schmelz, Annette 2008
Abb. 45: Mengel, Karl August (Alsfeld)

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche
Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

print