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5 Baugeschichte bis zum Ausgang des Mittelalters

5.4 Spätgotischer Chor

 
Der spätgotische Langchor hat die gleiche Breite wie der Vorgängerbau. Wie dieser schließt er mit einem polygonalen 5/8-Schluss, ist aber ein Joch länger. Mit einer Traufhöhe von fast 19,5 m61  überragt er das Kirchenschiff erheblich, die Trauflinie des Chores liegt auf Firsthöhe des Langhauses. Verzahnungssteine in den das Langhaus überragenden Mauern des Chores (Abb. 12) lassen darauf schließen, dass eine Erhöhung des Langhauses bis auf Chorhöhe geplant war. Auch der Gebrauch von Fachwerk für die westliche Abschlusswand des Chores (Abb. 13) ist ein Indiz für den vorläufigen Charakter dieser Wand, die abgerissen werden sollte, sobald das Langhaus das gleiche Höhenniveau wie der Chor erreicht haben würde.
 
Nordansicht   westliche Abschlusswand des Chores
Abb. 12: Walpurgiskirche, Nordansicht [+]   Abb. 13: Walpurgiskirche, westliche Abschlusswand des Chores [+]
 
 
Der Baubeginn des Chores ist durch eine lateinische Inschrift am südwestlichen Strebepfeiler des Chores gesichert (Abb. 14). Der Text ist in gotischer Minuskel wiedergegeben, die Inschrift dürfte bauzeitlich sein. Der Text lautet: „anno d(omi)ni mo ccco xco tercio / hoc gloriosum opus inchoatum / est in crastino ascensionis d(omi)ni in / ho(no)re dei marie (et) walp(ur)gis v(ir)g(inis)“, „im Jahre des Herrn 1393 ist dieses ruhmvolle Werk begonnen worden auf den Tag nach der Himmelfahrt des Herrn zu Ehren Gottes, Mariens und der Jungfrau Walburga“.62 In der Denkmaltopographie ist die Inschrift fehlerhaft wiedergegeben, in der Übersetzung sogar unter Verzicht auf die Kirchenpatronin Walburga.63
 
Inschrift am südwestlichen Strebepfeiler des Chores
Abb. 14: Walpurgiskirche, Inschrift am südwestlichen Strebepfeiler des Chores [+]
 
 
 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Michler 1972. Michler, Jürgen: Die Walpurgiskirche zu Alsfeld. Ihre Baugeschichte und kunstgeschichtliche Einordnung, in: Festschrift zur 750-Jahr-Feier der Stadt Alsfeld, Alsfeld 1972, S. 65-99

Zietz 2002. Zietz, Peer: Stadt Alsfeld, Stuttgart 2002 (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland : Kulturdenkmäler in Hessen : Vogelsbergkreis, Bd. 1)


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

61 Michler 1972, S. 68
62 Ich danke Herrn Dr. Oberweis, Akademie der Wissenschaften, Mainz, für seine Hilfe beim Entziffern der Inschriften und seine Angaben zur Zeitstellung.
63 „anno dm m ccc xc tercio hoc gloriosum opus inchoatum est in crastino ascensionis dm in pfare dei maire [sic] et walpurgis vg“, übersetzt „Im Jahre des Herrn ist dieses glorwürdige Werk angefangen worden den Tag nach Himmelfahrt (16. Mai) zu Ehren Gottes, der Maria und der Jungfrauen.“ (Zietz 2002, S. 81)
 
 
Abb. 12: Bildindex Marburg
Abb. 13: Schmelz, Annette 2008
Abb. 14: Schmelz, Annette 2008

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche
Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

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